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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. X ZB 3/12
  4. vom
  5. 16. April 2013
  6. in der Rechtsbeschwerdesache
  7. betreffend die deutsche Patentanmeldung 101 19 624.5-32
  8. -2-
  9. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichthofs hat am 16. April 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richterin Mühlens, den Richter Gröning,
  10. die Richterin Schuster und den Richter Dr. Deichfuß
  11. beschlossen:
  12. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 19. Senats (Technischen Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 29. Februar
  13. 2012 wird auf Kosten des Anmelders zurückgewiesen.
  14. Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 25.000 € festgesetzt.
  15. Gründe:
  16. 1
  17. I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die am 20. April 2001 eingereichte Patentanmeldung des Rechtsbeschwerdeführers durch Beschluss vom 9. Juli
  18. 2008 mit der Begründung zurückgewiesen, der Gegenstand des Anspruchs sei gegenüber dem Stand der Technik nicht neu.
  19. 2
  20. Der Anmelder hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und beantragt, das Patent nach den von ihm in der mündlichen Verhandlung vor dem Patentgericht eingereichten Ansprüchen zu erteilen.
  21. 3
  22. Patentanspruch 1 lautet danach:
  23. "Verfahren zum Betreiben einer Windenergieanlage mit einem von einem Rotor antreibbaren elektrischen Generator zum Abgeben elektri-
  24. -3-
  25. scher Leistung an einen elektrischen Verbraucher, insbesondere ein
  26. elektrisches Netz, dadurch gekennzeichnet, dass die von dem Generator an den Verbraucher abgegebene Leistung in Abhängigkeit von einem an dem Verbraucher abgegebenen Strom geregelt wird, dass bei
  27. einem Kurzschluss im Netz die Windenergieanlage weiterhin Leistung
  28. an das Netz abgibt, dass im Falle des Kurzschlusses im Netz der an
  29. das Netz abgegebene elektrische Strom mittels einer, einen Mikroprozessor aufweisenden Regelungseinrichtung auf einen vorgegebenen
  30. Wert (Imax) begrenzt wird, und die Windenergieanlage im Falle des
  31. Kurzschlusses im Netz in dieses einen Strom einspeist und dass bei
  32. mehrphasigen Systemen abgegebene Ströme jeder Phase den vorgebbaren Wert nicht überschreiten."
  33. 4
  34. Das Patentgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen.
  35. 5
  36. Mit der nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde rügt der Anmelder, der angefochtene Beschluss beruhe auf einer Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches
  37. Gehör und sei nicht im rechtlich gebotenen Maß mit Gründen versehen.
  38. 6
  39. II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil der Anmelder Rechtsbeschwerdegründe im Sinne von § 100 Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 6 PatG geltend macht. Das
  40. Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet, weil keine der erhobenen Rügen durchgreift.
  41. 7
  42. 1. Das Patentgericht ist davon ausgegangen, dass sich das Patent mit dem
  43. technischen Problem befasst, ein Verfahren zum Betreiben einer Windenergieanlage
  44. anzugeben, bei dem Schwankungen im Netz so weit als möglich entgegengewirkt
  45. wird. Die im Anspruch angegebene Regelung der Leistung meine eine Stromregelung, die die an den Verbraucher abgegebene Leistung so beeinflusse, dass der
  46. Strom auf den vorgegebenen Maximalwert begrenzt werde. Der Kurzschluss werde
  47. in der Beschreibung als beispielhafte Ursache einer Netzstörung genannt, die zum
  48. Abschalten der Windenergieanlage führe. Als Abschaltkriterien kenne der Fachmann
  49. -4-
  50. bestimmte Grenzwerte für die Spannung und die Frequenz. Ein Kurzschluss im Netz
  51. führe zu einer Störung, jedoch nicht notwendig, sondern nur dann zur Abschaltung
  52. der Windenergieanlage, wenn an der Einspeisestelle die Abschaltkriterien erreicht
  53. werden. Im Stand der Technik zeige die deutsche Patentanmeldung 197 19 308
  54. (Entgegenhaltung E1) eine Windenergieanlage mit einer Regelung zur Strombegrenzung, die bei jedem auftretenden Überstrom wirke. Die Strombegrenzung arbeite unabhängig von der Ursache des Überstroms, also auch bei Überströmen, die während
  55. eines weiter entfernten und daher nicht zur Abschaltung führenden Kurzschlusses im
  56. Netz aufträten. Dass die Stromregelung nach Anspruch 1 mittels einer einen Mikroprozessor aufweisenden Regelungseinrichtung erfolge und der Strom bei mehrphasigen Systemen für jede Phase geregelt werde, könne mangels erfinderischer Tätigkeit die Patentfähigkeit nicht begründen.
  57. 8
  58. 2. Die Rechtbeschwerde sieht durch diese Ausführungen den Anspruch des
  59. Anmelders auf rechtliches Gehör verletzt. Das Patentgericht habe die entscheidende
  60. Passage des als Anlage D4 vorgelegten Vertrags zwischen den Betreibern einer
  61. Windkraftanlage und der R.
  62. , den fünften Absatz auf Seite 3, übergan-
  63. gen. Aus dieser Stelle ergebe sich, was das Patentgericht nicht berücksichtigt habe,
  64. dass bei einem Kurzschluss die Windenergieanlage wegen des damit verbundenen
  65. schnellen Spannungsabfalls und des entsprechend starken Stromanstiegs sofort mit
  66. dem vorgeschriebenen Leistungsschalter vom Netz getrennt werden müsse. Das
  67. Patentgericht habe es überdies versäumt, darauf hinzuweisen, dass aus seiner Sicht
  68. die vom Anmelder vorgelegten Unterlagen nicht ausreichten, um nachzuweisen, dass
  69. weltweit alle Windenergieanlagen bei einem Kurzschluss sofort zum Netz zu trennen
  70. seien.
  71. 9
  72. Mit dieser Rüge ist eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht
  73. aufgezeigt. Aus dem Zusammenhang der Ausführungen des Patentgerichts ergibt
  74. sich, dass es sich mit dem Inhalt der Anlage D4 insgesamt befasst hat. Das Patentgericht hat unter II 3 der Gründe sein Verständnis des Begriffs "Kurzschluss" in An-
  75. -5-
  76. spruch 1 erläutert und dargelegt, dass dieser, nicht anders als jede andere Störung
  77. im Netz, dann, aber auch nur dann zum Abschalten der Windenergieanlage führe,
  78. wenn Spannung und Frequenz an der Einspeisestelle bestimmte Grenzwerte unteroder überschreiten. Ob dies bei einem Kurzschluss der Fall sei, hänge von der Entfernung zwischen der Stelle des Netzes, an welcher der Kurzschluss auftrete, und
  79. der Einspeisestelle der Windenergieanlage ab, weil die Änderungen in Spannung,
  80. Frequenz und Strom, die sich als Folge eines Kurzschlusses ergeben, mit zunehmender Entfernung abnähmen. In diesem Zusammenhang hat das Patentgericht unter anderem auf die auf Seite 3 der Anlage D4 genannten Grenzwerte Bezug genommen. Es hat aus diesen Überlegungen gefolgert, dass es keinen eindeutigen
  81. Zusammenhang zwischen Kurzschluss im Netz und Abschaltung der Windenergieanlage gebe und ist unter II 7 der Gründe der abweichenden Auffassung des Anmelders ausdrücklich entgegengetreten. Für den vom Anmelder vermissten Hinweis auf
  82. die Erforderlichkeit weiterer Belege bestand demnach kein Anlass. Das Patentgericht
  83. hat die Auffassung des Anmelders nicht als nicht hinreichend nachgewiesen angesehen, sondern sie aus den von ihm dargelegten technischen Gründen für unzutreffend erachtet. Danach gibt es keinen Anhalt dafür, das Patentgericht habe den Vortrag des Anmelders nicht aufgenommen, ein Kurzschluss im Netz führe notwendig
  84. zur Trennung der Windenergieanlage vom Netz. Dass es ihm in der Sache nicht gefolgt ist, begründet keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
  85. 10
  86. 3. Die Rechtsbeschwerde macht weiter geltend, der angefochtene Beschluss
  87. beruhe auf einer Verletzung des Anspruchs des Anmelders auf rechtliches Gehör,
  88. weil das Patentgericht nicht aufgenommen und verarbeitet habe, dass der Anmelder
  89. sein Schutzbegehren im Laufe des Erteilungsverfahrens geändert, nämlich auf den
  90. besonderen Störfall des Kurzschlusses konkretisiert habe. Zugleich sei die angefochtene Entscheidung insoweit nicht mit Gründen versehen.
  91. 11
  92. Auch diese Rüge bleibt ohne Erfolg. Die Rechtsbeschwerde zeigt keine konkreten Anhaltspunkte dafür auf, dass das Patentgericht die Anspruchsänderung nicht
  93. -6-
  94. aufgenommen hätte. Das liegt bereits deshalb fern, weil das Patentgericht den geänderten Anspruch unter I der Gründe zutreffend wiedergegeben und ausdrücklich erwähnt hat, dass es diese Fassung der Anträge zugrunde legt, die am 29. Februar
  95. 2012 überreicht worden ist. Etwas anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus den
  96. Ausführungen unter II der Gründe. Soweit die Rechtsbeschwerde die Besonderheit
  97. eines Kurzschlusses darin sehen will, dass es sich um einen extrem schweren und
  98. außergewöhnlichen Störfall handele, hat das Patentgericht dieses Argument, wie
  99. sich insbesondere aus dem zweiten Satz der Gründe unter II 7 ergibt, aufgenommen
  100. und sich damit auseinandergesetzt. Es hält dem (unter II 3 und 7 der Gründe) entgegen, dass die Folgen eines Kurzschlusses - also die Auswirkungen auf Spannung
  101. und Frequenz - mit zunehmender Entfernung abnähmen und sich für den Fachmann
  102. aus der Anmeldung kein Hinweis darauf ergebe, dass es in ihr nur um Kurzschlüsse
  103. gehe, die in unmittelbarer Nähe zur Einspeisestelle auftreten.
  104. -7-
  105. 12
  106. Damit ist weder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör noch
  107. eine fehlende Begründung der angefochtenen Entscheidung dargetan.
  108. Meier-Beck
  109. Mühlens
  110. Schuster
  111. Gröning
  112. Deichfuß
  113. Vorinstanz:
  114. Bundespatentgericht, Entscheidung vom 29.02.2012 - 19 W(pat) 68/08 -