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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. X ZB 1/05
  4. vom
  5. 28. März 2006
  6. in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
  7. -2-
  8. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. März 2006 durch
  9. den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin
  10. Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Kirchhoff
  11. beschlossen:
  12. Die Rechtsbeschwerde gegen den am 13. Oktober 2004 verkündeten Beschluss des 5. Senats (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Rechtsbeschwerdeführerin zurückgewiesen.
  13. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf
  14. 50.000,-- €
  15. festgesetzt.
  16. Gründe:
  17. 1
  18. I. Der Antragsgegner ist Inhaber des deutschen Gebrauchsmusters
  19. 297 18 951, das ein "Werkzeug zum Aneinanderfügen von Profilbrettern" betrifft. Die Antragstellerin hat die Löschung des Gebrauchsmusters im Umfang
  20. der Schutzansprüche 1 bis 4, des Anspruchs 8, soweit auf die Ansprüche 1 bis
  21. -3-
  22. 4 zurückbezogen, und des Anspruchs 10, soweit auf die Ansprüche 1 bis 4 und
  23. 8 zurückbezogen, begehrt. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat den Löschungsantrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hatte nur teilweise Erfolg. Hinsichtlich Anspruch 1 hat das Bundespatentgericht ihr nur insoweit entsprochen, als dieser Anspruch über die folgende Fassung hinausgeht:
  24. "1. Werkzeug für das lückenlose Aneinanderfügen von mit Nut und
  25. Feder versehenen Profilbrettern mit einer länglichen, von einer
  26. Mantelfläche umgebenen Gestalt, wobei die Mantelfläche eine
  27. ebene Unterseite aufweist, die an wenigstens einer etwa rechtwinkligen Längskante in einen profilierten Abschnitt übergeht,
  28. der zu der mit Nut oder Feder versehenen Stirnfläche des Profilbretts komplementär geformt ist, während etwa in dem diametral gegenüberliegenden Mantelbereich eine Schlagfläche
  29. zur Einwirkung eines Hammers od. dgl. vorgesehen ist,
  30. d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass der profilierte Abschnitt in demjenigen Bereich, der mit der Oberkante des Profilbretts korrespondiert, gegenüber der betreffenden Unterkante
  31. des Werkzeugs zu dessen Mitte zurückversetzt ist, wobei eine
  32. oder beide Stirnseiten ein zu einer profilierten Längsseite korrespondierendes oder komplementäres Profil aufweisen."
  33. 2
  34. Mit ihrer - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde macht die Antragstellerin geltend, der angefochtene Beschluss beruhe auf einer Verletzung ihres
  35. Anspruchs auf rechtliches Gehör (§§ 18 Abs. 2 und 4 GebrMG i.V.m. § 100
  36. Abs. 3 Nr. 3 PatG) und sei nicht mit einer dem Begründungszwang entspre-
  37. -4-
  38. chenden Begründung versehen (§ 18 Abs. 2 und 4 GebrMG i.V.m. §§ 100
  39. Abs. 3 Nr. 6, 94 Abs. 2 PatG).
  40. 3
  41. Die Antragstellerin rügt, das Bundespatentgericht habe entgegen ihrem
  42. Vortrag nicht berücksichtigt, dass die deutsche Offenlegungsschrift 38 19 245
  43. Schutzanspruch 1 vorwegnehme. Das Bundespatentgericht sei auch in keiner
  44. Weise auf ihren erstinstanzlichen Vortrag eingegangen, dass Schutzanspruch 1
  45. sich auch auf Ausführungsformen erstrecke, die zwangsläufig zu einer Beschädigung der Oberkante des Profilbretts führen müssten und deshalb keine Erfindung darstellten; diesen Vortrag habe sie in ihrer Beschwerdebegründung an
  46. das Bundespatentgericht ausdrücklich in Bezug genommen.
  47. 4
  48. II. Die auf § 18 Abs. 2, 4 GebrMG, § 100 Abs. 3 Nr. 3 und 6 PatG gestützte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil mit ihr gesetzlich vorgesehene
  49. Rechtsbeschwerdegründe, nämlich die Verletzung rechtlichen Gehörs und eine
  50. im Sinne des Begründungszwangs fehlende Begründung, geltend gemacht
  51. werden und dies mit näheren Ausführungen begründet worden ist (vgl.
  52. Sen.Beschl. v. 24.10.2000 - X ZB 6/00, GRUR 2001, 139 - Parkkarte, m. Hinw.
  53. auf die st. Rspr. d. Sen.). Die Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache jedoch
  54. ohne Erfolg, weil diese Rechtsbeschwerdegründe, auf deren Vorliegen sich die
  55. Prüfung im Verfahren der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde beschränkt,
  56. nicht vorliegen.
  57. 5
  58. 1. Das Bundespatentgericht ist für die Beurteilung des erfinderischen
  59. Schrittes von der Aufgabe ausgegangen, ein Schlagwerkzeug zum Aneinanderfügen von Profilbrettern bereitzustellen, mit dem als erste Teilaufgabe die
  60. Oberkanten der zu verlegenden Profilbretter geschützt und als zweite Teilaufgabe die bisher ungenutzten Stirnseiten eines Schlagwerkzeugs beim Verlegen
  61. -5-
  62. eingesetzt werden können. Es ist sodann auf der Grundlage der vorveröffentlichten Offenlegungsschrift 195 39 388 sowie des Katalogs "Einrichtungsberater" der Antragstellerin zu dem Schluss gelangt, dass es keines erfinderischen
  63. Schrittes im Sinne des Gebrauchsmusterrechts bedurfte, um von diesen beiden
  64. Druckschriften zu der vom Streitgebrauchsmuster vorgeschlagenen Lösung der
  65. ersten Teilaufgabe (Schutz der Oberkanten der Profilbretter) zu gelangen. Hierfür kam es auf die Offenlegungsschrift 38 19 245 nicht mehr an. Bedeutung
  66. konnte diese Druckschrift deshalb nur noch für die Frage gewinnen, ob auch
  67. der von Schutzanspruch 1 in der verteidigten Fassung vorgeschlagenen Lösung
  68. der zweiten Teilaufgabe (Einsatz der bisher ungenutzten Stirnseiten des
  69. Schlagwerkzeugs beim Verlegen) ein erfinderischer Schritt abzusprechen sei.
  70. Dazu räumt die Antragstellerin ein, sie habe eine Vorwegnahme von Merkmal 7
  71. des verteidigten Anspruchs 1, also der in Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale des eingetragenen Schutzanspruchs 8, nicht behauptet. Zudem hat
  72. das
  73. Bundespatentgericht
  74. in
  75. diesem
  76. Zusammenhang
  77. die
  78. Druckschrift
  79. DE 38 19 245 A 1 ausdrücklich behandelt und ihr keine einen erfinderischen
  80. Schritt im Sinne des Gebrauchsmusterrechts ausschließende Bedeutung beigemessen. Die Rechtsbeschwerde will nur ihre abweichende Bewertung des
  81. erfinderischen Schrittes anstelle derjenigen des Bundespatentgerichts setzen.
  82. Damit vermag sie jedoch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu begründen.
  83. 6
  84. 2. Die Antragstellerin rügt auch ohne Erfolg, der angefochtene Beschluss
  85. enthalte keine Begründung im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG, weil das
  86. Bundespatentgericht ihren Vortrag vor dem Deutschen Patent- und Markenamt
  87. unberücksichtigt gelassen habe, Schutzanspruch 1 schütze auch Ausführungsformen, die für die Erreichung der gebrauchsmustergemäßen Lösung ungeeignet seien, da sie eine Beschädigung der Oberfläche der Profilbretter nicht ver-
  88. -6-
  89. hinderten. Denn das Bundespatentgericht hat seinen Beschluss ausführlich und
  90. nachvollziehbar begründet.
  91. 7
  92. Zwar kann es an einer Begründung im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6
  93. PatG auch dann fehlen, wenn die Beschwerdeentscheidung überhaupt nicht auf
  94. einzelne selbständige Angriffs- und Verteidigungsmittel eingeht (BGHZ 39, 333,
  95. 337-339 - Warmpressen). Selbständige Angriffs- und Verteidigungsmittel in diesem Sinne sind aber dadurch gekennzeichnet, dass sie schon für sich allein
  96. geeignet sind, rechtsvernichtend zu wirken. Dies ist bei dem hier in Frage stehenden Vortrag zum Fehlen vorteilhafter Eigenschaften der Erfindung bei geschützten Ausführungsformen nicht der Fall (vgl. Rogge in Benkard, PatG,
  97. 9. Aufl. 1993, § 100 Rdn. 26; Kühnen in Schulte, PatG, 7. Aufl. 2005, § 100
  98. Rdn. 66). Dieser Vortrag betrifft lediglich Indiztatsachen.
  99. 8
  100. Zudem ist es für die Frage, ob eine Erfindung im Sinne des § 1 Abs. 1
  101. GebrMG vorliegt, offensichtlich unerheblich, wenn die mit einer Lehre zum
  102. technischen Handeln bezweckten Vorteile im Einzelfall möglicherweise nicht
  103. erreicht werden können. Das Bundespatentgericht hatte daher keinen Anlass,
  104. auf diesen Vortrag einzugehen.
  105. -7-
  106. III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 18 GebrMG, 109 Abs. 1 Satz 2
  107. 9
  108. PatG.
  109. Melullis
  110. Scharen
  111. Meier-Beck
  112. Mühlens
  113. Kirchhoff
  114. Vorinstanz:
  115. Bundespatentgericht, Entscheidung vom 13.10.2004 - 5 W(pat) 458/03 -