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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. X ARZ 117/03
  4. vom
  5. 16. Dezember 2003
  6. in dem Rechtsstreit
  7. -2-
  8. Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
  9. Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und
  10. die Richter Dr. Meier-Beck und Asendorf
  11. am 16. Dezember 2003
  12. beschlossen:
  13. Als zuständiges Gericht wird das Amtsgericht Geilenkirchen bestimmt.
  14. Gründe:
  15. I. Der Beklagte hat seinen Wohnsitz im Amtsgerichtsbezirk Geilenkirchen. Der Kläger ist Rechtsanwalt; seine Kanzlei befindet sich im Amtsgerichtsbezirk Karlsruhe. Der Beklagte beauftragte die Sozietät, dessen Mitglied
  16. der Kläger ist, mit seiner außergerichtlichen anwaltlichen Vertretung. Der Kläger verlangt aus abgetretenem Recht der Sozietät vom Beklagten Vergütung
  17. für diese Tätigkeit.
  18. Er hat den Beklagten vor dem Amtsgericht Karlsruhe verklagt. Dieses
  19. hat dem Kläger seine Rechtsauffassung mitgeteilt, wonach es örtlich nicht zuständig sei. Für die geltend gemachte Anwaltsgebührenforderung bestehe kein
  20. -3-
  21. besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 29 ZPO am Sitz der
  22. Sozietät, weshalb eine Verweisung an das Wohnsitzgericht des Beklagten beantragt werden müsse. Der Kläger hat dem widersprochen, jedoch „vorsorglich“
  23. entsprechende Verweisung beantragt. Wegen ihres (wiederholten) Hinweises
  24. auf die ihres Erachtens fehlende örtliche Zuständigkeit hat der Kläger die
  25. Richterin wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Amtsgericht
  26. hat den Rechtsstreit an das Amtsgericht Geilenkirchen verwiesen. Dieses hat
  27. sich für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 36 Abs. 2 ZPO dem
  28. Oberlandesgericht Karlsruhe zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts
  29. vorgelegt.
  30. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hält den Verweisungsbeschluß des
  31. Amtsgerichts Karlsruhe für nicht bindend, weil er vor Entscheidung über den
  32. Befangenheitsantrag erlassen worden ist. Es will das Amtsgericht Geilenkirchen als örtlich zuständiges Gericht bestimmen und der Auffassung folgen, daß
  33. ein besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes für die Geltendmachung von
  34. Rechtsanwaltsgebühren am Kanzleisitz zu verneinen sei, sieht sich daran jedoch durch entgegenstehende höchst- und obergerichtliche Entscheidungen
  35. gehindert.
  36. II. Aufgrund der zulässigen Vorlage hat der Bundesgerichtshof nach
  37. § 36 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Bestimmung des zuständigen Gerichts zu treffen.
  38. Als zuständiges Gericht ist das Amtsgericht Geilenkirchen zu bestimmen, weil
  39. es das allein örtlich zuständige Gericht ist.
  40. Wie der Senat nach der Vorlageentscheidung mit Beschluß vom 11. November 2003 (X ARZ 91/03, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) bereits
  41. -4-
  42. entschieden hat, können Gebührenforderungen von Rechtsanwälten in der Regel nicht gemäß § 29 ZPO am Gericht des Kanzleisitzes geltend gemacht werden. Daß sich aus dem dem Streitfall zugrundeliegenden Vertragsverhältnis
  43. Besonderheiten ergäben, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, ist
  44. nicht dargetan.
  45. Es ist auch nicht dargetan, daß das Amtsgericht Karlsruhe deshalb als
  46. Gericht des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) zuständig wäre, weil der Beklagte zur
  47. Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses (§ 269 Abs. 1 BGB) seinen
  48. Wohnsitz im Amtsgerichtsbezirk Karlsruhe hatte. Zwar ist in dem Kopf des
  49. Schreibens vom 27. Juli 2001, das der Beklagte als an den Kläger gerichtetes
  50. Auftragsschreiben zu den Gerichtsakten gereicht hat, neben einer an erster
  51. Stelle genannten Anschrift in Gangelt auch eine Karlsruher Adresse genannt.
  52. Das reicht jedoch nicht für die Feststellung aus, daß der Beklagte dort zum
  53. damaligen Zeitpunkt einen Wohnsitz hatte. Denn wenn auch der Wohnsitz einer Person nach § 7 Abs. 2 BGB gleichzeitig an mehreren Orten bestehen
  54. kann, so setzen doch mehrere Wohnsitze voraus, daß der Schwerpunkt der
  55. Lebensverhältnisse sich gleichermaßen an zwei (oder mehr) Orten befindet
  56. (BGH, Urt. v. 14.2.1962 - IV ZR 192/61, LM Nr. 3 zu § 7 BGB; Schmitt in
  57. MünchKomm BGB, 4. Aufl., § 7 Rdn. 36). Für einen Doppelwohnsitz des Beklagten in diesem Sinne hat der Kläger nichts vorgebracht.
  58. -5-
  59. Da auch sonst nichts für einen abweichenden besonderen Gerichtsstand
  60. erkennbar ist, ist zur Entscheidung des Rechtsstreits allein das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte bei Klageerhebung seinen Wohnsitz hatte.
  61. Melullis
  62. Keukenschrijver
  63. Meier-Beck
  64. Mühlens
  65. Asendorf