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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 271/14
  5. Verkündet am:
  6. 26. Juni 2015
  7. Weschenfelder
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. BauGB § 11 Abs. 2 Satz 1
  19. Eine zwanzig Jahre überschreitende Frist für die Ausübung des Wiederkaufsrechts
  20. der Gemeinde in einem zum Zwecke der Errichtung von Eigenheimen im
  21. Einheimischenmodell mit Einzelpersonen abgeschlossenen Kaufvertrag verstößt,
  22. wenn dem Käufer ein nur geringer Preisnachlass (weniger als 20 % gegenüber dem
  23. Verkehrswert) gewährt wurde, gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung.
  24. BGH, Urteil vom 26. Juni 2015 - V ZR 271/14 - OLG Düsseldorf
  25. LG Düsseldorf
  26. -2-
  27. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  28. vom 26. Juni 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter
  29. Dr. Czub, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter
  30. Dr. Kazele
  31. für Recht erkannt:
  32. Die
  33. Revision
  34. gegen
  35. das
  36. Urteil
  37. des
  38. 21.
  39. Zivilsenats
  40. des
  41. Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18. November 2014 wird auf
  42. Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
  43. Von Rechts wegen
  44. Tatbestand:
  45. 1
  46. Mit notariellem Vertrag vom 22. August 1985 verkaufte die beklagte Stadt
  47. an die Kläger ein 418 m2 großes unbebautes Grundstück zu einem Preis von
  48. 170 DM/m2. In dem Vertrag verpflichteten sich die Kläger, das Grundstück
  49. entsprechend einem künftigen Bebauungsplan mit einem Einzel- oder
  50. Doppelhaus mit maximal zwei Wohneinheiten nach den Vorschriften der
  51. Bauaufsichtsbehörde
  52. zu
  53. bebauen.
  54. Die
  55. Beklagte
  56. behielt
  57. sich
  58. ein
  59. Wiederkaufsrecht mit einer Ausübungsfrist von dreißig Jahren seit der Eintragung der Kläger als Eigentümer u.a. für den Fall eines Weiterverkaufs vor.
  60. Ausgenommen von dem Wiederkaufsrecht waren Veräußerungen an Kinder,
  61. Kindeskinder oder deren Ehegatten. Im Falle der Ausübung des Wiederkaufsrechts hatte die Beklagte den Kaufpreis zuzüglich eines nach dem Anstieg der
  62. Lebenshaltungskosten
  63. bemessenen
  64. Zuschlags,
  65. den
  66. Verkehrswert
  67. der
  68. Aufbauten und der Außenanlagen sowie die von den Klägern aufgewendeten
  69. -3-
  70. Erschließungskosten zu zahlen. Der Kaufvertrag wurde vollzogen und das
  71. Grundstück von den Klägern mit einem Eigenheim bebaut.
  72. 2
  73. Die Kläger informierten im November 2006 die Beklagte, dass sie beabsichtigten, das Grundstück zu einem Preis von 450.000 € zu verkaufen. Die
  74. Beklagte teilte ihnen mit, dass sie ihr Wiederkaufsrecht ausüben werde; sie bot
  75. ihnen aber an, die Ausübung durch Zahlung eines Ausgleichsbetrags abzuwenden. Den Ausgleichsbetrag von 50.635,86 € berechnete die Beklagte in der
  76. Weise, dass sie den aktuellen Bodenwert des Grundstücks (nach einem Wert
  77. von 280 €/m2) ermittelte, davon den von ihr nach dem Kaufvertrag für den
  78. Boden zu zahlenden Wiederkaufspreis abzog sowie einen Abschlag wegen der
  79. Restlaufzeit des Wiederkaufsrechts von nur noch acht Jahren vornahm. Die
  80. Parteien
  81. einigten sich
  82. darauf, dass die
  83. Kläger unter Vorbehalt der
  84. Rückforderung diesen Betrag an die Beklagte zahlten, die ihrerseits die
  85. Löschung des Wiederkaufsrechts bewilligte.
  86. 3
  87. Mit der Klage verlangen die Kläger von der Beklagten die Rückzahlung
  88. des Ausgleichsbetrages. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das
  89. Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben und die Revision zugelassen. Mit der
  90. Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, will die Beklagte die
  91. Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erreichen.
  92. Entscheidungsgründe:
  93. I.
  94. 4
  95. Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Kläger nach § 812
  96. Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Die Ausgleichszahlung sei ohne Rechtsgrund erfolgt.
  97. Die Beklagte hätte das Wiederkaufsrecht nicht ausüben können, weil die
  98. Vereinbarung im notariellen Kaufvertrag unwirksam sei. Das Wiederkaufsrecht
  99. widerspreche dem für Verträge über die Bereitstellung von Bauland durch die
  100. -4-
  101. Gemeinden
  102. an
  103. ortsansässige
  104. Bürger
  105. geltenden
  106. Gebot
  107. angemessener
  108. Vertragsgestaltung in § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Zwar sei die Vereinbarung
  109. eines Wiederkaufsrechts der Gemeinde grundsätzlich zulässig, wenn diese an
  110. einen Einheimischen Bauland zu einem unterhalb des Verkehrswerts liegenden
  111. Preis veräußere. Die dem Käufer dadurch auferlegte Belastung dürfe aber nicht
  112. unangemessen sein. So verhalte es sich jedoch hier, da die Beschränkung der
  113. Weiterverkaufsmöglichkeit durch das Wiederkaufsrecht für einen Zeitraum von
  114. dreißig Jahren bei einer Vergünstigung von 16,5 % unverhältnismäßig sei. Die
  115. Unangemessenheit der 30jährigen Bindung werde auch nicht dadurch
  116. ausgeglichen oder gemindert, dass die Beklagte das Wiederkaufsrecht in den
  117. Fällen der Veräußerung an Nachkommen oder deren Ehegatten nicht ausüben
  118. könne. An der Unangemessenheit der Vereinbarung über das Wiederkaufsrecht
  119. ändere es schließlich nichts, dass die Beklagte den von ihr errechneten
  120. Ausgleichsbetrag
  121. im
  122. Hinblick
  123. auf
  124. die
  125. geringe
  126. Restlaufzeit
  127. des
  128. Wiederkaufsrechts von noch acht Jahren um ca. 20 % gekürzt habe.
  129. II.
  130. 5
  131. Das hält rechtlicher Prüfung stand.
  132. 6
  133. 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Kläger auf
  134. Grund des Vorbehalts (zu dessen Bedeutung: BGH, Urteil vom 8. Februar 1984
  135. - IVb ZR 52/82, NJW 1984, 2826; Urteil vom 9. Juni 1992 - VI ZR 215/91, NJWRR
  136. 1992,
  137. 1214,
  138. 1216)
  139. die
  140. Rückzahlung
  141. des
  142. zur
  143. Ablösung
  144. des
  145. Wiederkaufsrechts geleisteten Betrags nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB
  146. verlangen können, wenn die das Recht betreffende Vereinbarung unwirksam
  147. war. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwendungen.
  148. 7
  149. 2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die rechtliche Würdigung
  150. des Berufungsgerichts, dass das Wiederkaufsrecht mit einer 30jährigen Ausübungsfrist in dem Grundstückskaufvertrag der Parteien eine unangemessene
  151. Vertragsgestaltung im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB darstellt.
  152. -5-
  153. 8
  154. a) Die Vorschrift des Baugesetzbuchs ist unmittelbar anzuwenden, weil
  155. der Grundstückskaufvertrag ein städtebaulicher Vertrag im Sinne des § 11
  156. Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 letzter Satzteil BauGB ist. Der für einen städtebaulichen
  157. Vertrag erforderliche Zusammenhang mit der gemeindlichen Bauleitplanung (zu
  158. diesem Erfordernis: Senat, Urteil vom 30. September 2005 - V ZR 37/05, WM
  159. 2006, 300, 301) ergibt sich daraus, dass die beklagte Stadt den Klägern das
  160. Grundstück als Bauplatz verkauft und ihnen eine Bauverpflichtung nach den
  161. Vorgaben eines (künftigen) Bebauungsplans auferlegt hat. Der verbilligte
  162. Verkauf diente der Sicherung der Bauleitplanung im Wege einer Förderung des
  163. (Einheimischen-)Wohnungsbaus durch die damals ortsansässigen Kläger (vgl.
  164. zu diesem Zweck: Senat, Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ
  165. 153, 93, 103).
  166. 9
  167. b) Die Wirksamkeit der 30jährigen Ausübungsfrist für das Wiederkaufsrecht ist allein an dem Gebot angemessener Vertragsgestaltung nach § 11
  168. Abs. 2 Satz 1 BauGB und nicht an den Vorschriften der §§ 305 ff. BGB zu
  169. messen.
  170. Für
  171. städtebauliche
  172. Verträge
  173. verdrängt
  174. die
  175. spezialgesetzliche
  176. Rechtsfolgeregelung des § 11 Abs. 2 BauGB grundsätzlich die Vorschriften der
  177. §§ 305 ff. BGB (vgl. Senat, Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02,
  178. BGHZ 153, 93, 99 f. zum AGB-Gesetz). Die von dem Senat bisher offen
  179. gelassene
  180. Frage,
  181. ob
  182. das
  183. auch
  184. für
  185. Verträge
  186. gilt,
  187. die
  188. nach
  189. dem
  190. 31. Dezember 1994 geschlossen wurden, also nach Inkrafttreten der - in
  191. Umsetzung der EG-Richtlinie vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klausel in
  192. Verbraucherverträgen eingefügten - Vorschrift des § 24a AGBG (jetzt § 310
  193. Abs. 3 BGB), kann auch hier dahinstehen, da der zu beurteilende Vertrag aus
  194. dem Jahr 1985 stammt.
  195. 10
  196. c) Dass die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechts der Gemeinde zur
  197. Sicherung des mit der verbilligten Abgabe des Grundstücks als Bauland im Einheimischenmodell verfolgten städtebaulichen Ziels grundsätzlich nicht gegen
  198. das Gebot angemessener Vertragsgestaltung in § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB
  199. -6-
  200. verstößt, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (Urteil vom
  201. 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 105; Urteil vom
  202. 13. Oktober 2006 - V ZR 33/06, NJW-RR 2007, 962 Rn. 11; Urteil vom
  203. 16. April 2010 - V ZR 175/09, NJW 2010, 3505 Rn.12).
  204. 11
  205. d) Gegen dieses Gebot verstößt jedoch die vereinbarte Ausübungsfrist
  206. für das Wiederkaufsrecht (§ 503 Satz 2 BGB aF = § 462 Satz 2 BGB) von
  207. dreißig Jahren. Diese Frist ist angesichts der Höhe der nach den Feststellungen
  208. des Berufungsgerichts gewährten Verbilligung (von einem Verkehrswert von
  209. 198 DM/m2
  210. zu
  211. einem
  212. Kaufpreis
  213. von
  214. 170
  215. DM/m2)
  216. von
  217. 14,14
  218. %
  219. unverhältnismäßig lang.
  220. 12
  221. aa)
  222. Beschränkungen,
  223. die
  224. die
  225. öffentliche
  226. Hand
  227. dem
  228. Subventionsempfänger auferlegt, entsprechen dem Gebot angemessener
  229. Vertragsgestaltung, wenn sie geeignet und erforderlich sind, um das Erreichen
  230. der mit dem Einheimischenmodell zulässigerweise verfolgten Zwecke im
  231. Bereich der Wohnungsbau-, Siedlungs- oder Familienpolitik für einen
  232. angemessenen Zeitraum sicherzustellen (vgl. Senat, Urteil vom 21. Juli 2006
  233. - V ZR 252/05, NJW-RR 2006, 1452 Rn. 12, Urteil vom 16. April 2010
  234. - V ZR 175/09, NJW 2010, 3505 Rn. 14). Die dem Käufer auferlegten
  235. Bindungen dürfen allerdings nicht zu einer unzumutbaren Belastung führen. Die
  236. Zeit für die Ausübung eines Wiederkaufsrechts der Gemeinde muss deshalb
  237. begrenzt sein und die vereinbarte Ausübungsfrist in einem angemessenen
  238. Verhältnis zur Höhe der durch den Preisnachlass dem Käufer gewährten
  239. Subvention stehen (vgl. Senat, Urteil vom 30. September 2005 – V ZR 37/05,
  240. NJW-RR 2006, 298, 300; Urteil vom 16. April 2010 – V ZR 175/09, NJW 2010,
  241. 3505 Rn. 16).
  242. 13
  243. bb)
  244. Von
  245. diesen
  246. Grundsätzen
  247. ausgehend
  248. hat
  249. der
  250. Senat
  251. bei
  252. Grundstücksverkäufen, die zum Zweck der Errichtung von Eigenheimen an
  253. Einzelpersonen im Einheimischenmodell erfolgten, eine Bindungsfrist zur
  254. -7-
  255. Sicherung der Ziele der Bauleitplanung von fünfzehn Jahren für zulässig
  256. erachtet (Urteil vom 20. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 105),
  257. eine dreißig Jahre übersteigende Dauer dagegen in aller Regel als
  258. unverhältnismäßig
  259. angesehen
  260. (Senat,
  261. Urteil
  262. vom
  263. 29.
  264. Oktober
  265. 2010
  266. - V ZR 48/10, NJW 2011, 515 Rn. 18; Urteil vom 20. Mai 2011 - V ZR 76/10,
  267. NJW-RR 2011, 1582 Rn. 20).
  268. 14
  269. Über zwanzig Jahre hinausgehende Bindungen des Käufers hat der
  270. Senat bisher nur dann für verhältnismäßig erachtet, wenn die Höhe der dem
  271. Käufer gewährten Subvention deutlich über die bei dem Einheimischenmodell
  272. üblichen Abschläge von bis zu 30 % gegenüber dem Verkehrswert
  273. hinausgegangen war (Senat, Urteil vom 30. September 2005 - V ZR 37/05,
  274. NJW-RR 2006, 298, 300; Urteil vom 16. April 2010 - V ZR 175/09, NJW 2010,
  275. 3505 Rn. 17 - bei Nachlässen von 70 % bzw. von 50 % gegenüber dem
  276. Verkehrswert). In den Entscheidungen, in denen den Käufern eine Subvention
  277. in der hier vorliegenden Größenordnung gewährt wurde, ging es um
  278. Bindungsfristen
  279. von
  280. zehn
  281. Jahren,
  282. die
  283. zur
  284. Sicherung
  285. der
  286. mit
  287. dem
  288. Einheimischenmodell von der Gemeinde verfolgten Zwecke ohne weiteres
  289. zulässig sind (Senat, Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153,
  290. 93, 105 [Verkehrswert 160 bis 200 DM/m2; Preis: 131 DM/m2, Nachlass
  291. zwischen 18,13% und 34,5 %; Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 33/06, NJWRR 2007, 962 Rn. 11 [Verkehrswert: 355 DM/m2, Nachlass 50 DM/m2 =
  292. 14,1 %]).
  293. 15
  294. cc) Über die Frage, ob eine 20 Jahre überschreitende Frist für die
  295. Ausübung
  296. des
  297. angemessener
  298. Wiederkaufsrechts
  299. Vertragsgestaltung
  300. der
  301. Gemeinde
  302. entspricht,
  303. noch
  304. wenn
  305. sie
  306. dem
  307. Gebot
  308. mit
  309. einer
  310. verhältnismäßig geringen Subvention einhergeht, hatte der Senat noch nicht zu
  311. entscheiden. Die Antwort ergibt sich aus den oben genannten Grundsätzen in
  312. Fortführung
  313. der
  314. bisherigen
  315. Rechtsprechung.
  316. Eine
  317. zwanzig
  318. Jahre
  319. überschreitende Frist für die Ausübung des Wiederkaufsrechts der Gemeinde in
  320. -8-
  321. einem zum Zwecke der Errichtung von Eigenheimen im Einheimischenmodell
  322. mit Einzelpersonen abgeschlossenen Kaufvertrag verstößt, wenn dem Käufer
  323. ein
  324. nur
  325. geringer
  326. Verkehrswert)
  327. Preisnachlass
  328. gewährt
  329. (weniger
  330. als
  331. gegen
  332. das
  333. wurde,
  334. 20 %
  335. Gebot
  336. gegenüber
  337. dem
  338. angemessener
  339. Vertragsgestaltung (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB).
  340. 16
  341. (1) (a) Der Käufer wird durch das - hier für den Fall des Weiterverkaufs
  342. ausbedungene - Wiederkaufsrecht der Gemeinde in seiner Verfügungsfreiheit
  343. beschränkt. Die durch das Wiederkaufsrecht bewirkte Bindung des Käufers ist
  344. der Preis für den verbilligen Erwerb des Grundstücks (vgl. Senat, Urteil vom
  345. 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 104; Urteil vom
  346. 30. September 2005 - V ZR 37/05, NJW-RR 2006, 298, 300; Urteil vom
  347. 16. April
  348. 2010
  349. -
  350. V
  351. ZR
  352. 179/09,
  353. NJW
  354. 2010,
  355. 3505
  356. Rn.
  357. 16).
  358. Das
  359. Äquivalenzverhältnis zwischen den Leistungen der Parteien (vgl. Hausmann,
  360. NJW 2010, 3508) ist im Vergleich zu anderen (nicht subventionierten)
  361. Grundstücksverkäufen zum Nachteil des Käufers erheblich gestört, wenn ihm
  362. eine langfristige Bindung durch ein Wiederkaufsrecht auferlegt wird, der keine
  363. oder eine nur geringe Vergünstigung beim Kaufpreis gegenübersteht. Die
  364. Gemeinde erlangt dadurch einen unverhältnismäßigen Vorteil, dass sie durch
  365. Ausübung
  366. ihres
  367. Wiederkaufsrechts
  368. (oder
  369. das
  370. Verlangen
  371. nach
  372. einer
  373. Ablösezahlung) noch nach Ablauf von mehr als zwei Jahrzehnten seit dem
  374. Verkauf die Vorteile aus den nach der Veräußerung eingetretenen Bodenwertsteigerungen bei dem Käufer abschöpfen kann, der dafür keine adäquate
  375. Gegenleistung erhalten hat. Dieses Missverhältnis wird nicht dadurch behoben,
  376. sondern in seinen Wirkungen nur abgemildert, dass die Beklagte von den zur
  377. Ablösung des Wiederkaufsrechts von den Käufern geforderten Beträgen
  378. Abschläge vornimmt, die umso höher sind, je näher der das Wiederkaufsrecht
  379. begründende Weiterverkauf an das Ende der Ausübungsfrist heranrückt.
  380. 17
  381. (b) Die Bestimmung der zulässigen Bindung des Käufers nach dem Maß
  382. zu beurteilen, in dem der Kaufpreis hinter dem Verkehrswert zurückbleibt, ist
  383. -9-
  384. nicht - wie die Revision meint - deshalb undurchführbar, weil der Verkehrswert
  385. eines Grundstücks sich nicht exakt im Sinne einer mathematischen Genauigkeit
  386. ermitteln lässt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 - III ZR 345/12, BGHZ
  387. 198, 265 Rn. 20). Dass sich bei der sachverständigen Bestimmung des
  388. Verkehrswerts eines unbebauten Grundstücks, die üblicherweise im Wege der
  389. Vergleichswertmethode erfolgt (nach den für nach Lage, Beschaffenheit,
  390. planerische Situation usw. gleichartige Grundstücken gezahlten Preisen),
  391. gewisse Toleranzen ergeben können (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 1990
  392. - II ZR 164/89, juris Rn. 34), schließt die Eignung des Verkehrswerts als
  393. Maßstab für die Feststellung der Höhe der Verbilligung und damit als
  394. Beurteilungsgrundlage für die Angemessenheit der Länge der zulässigen
  395. Bindung des Käufers nicht aus. In Bezug auf den zugrunde zu legenden
  396. Verkehrswert stellt sich die Sachlage nicht anders dar als in den Fällen, in
  397. denen anhand des Vergleichs von Verkehrswert und Kaufpreis über das
  398. Vorliegen eines groben Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung im
  399. Sinne des § 138 BGB zu entscheiden ist. Die Gemeinde muss bei einem
  400. verbilligten Verkauf im Wege des Einheimischenmodells die Höhe des
  401. Abschlags vom Verkehrswert ohnehin ermitteln; diese ist nämlich nur bis zu
  402. einer bestimmten Höhe (regelmäßig 30 % des Bodenwerts) zulässig, weil die
  403. Gegenleistung des Käufers gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 VwVfG noch in einem
  404. angemessenen Verhältnis zum Wert der Leistung der Gemeinde stehen muss
  405. (vgl. BayVGH, MittBayNot 1990, 259, 264).
  406. 18
  407. Das Berufungsgericht hat deshalb zutreffend entschieden, dass die verkaufende Gemeinde das Risiko zu tragen hat, wenn sie die Höhe der
  408. gewährten Verbilligung und damit die zulässige Dauer einer Bindungsfrist falsch
  409. einschätzt. Die vereinbarten Leistungen sind nicht den gesamten Umständen
  410. nach angemessen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB), wenn dem Käufer eine lange
  411. Bindungsfrist wegen eines Preisnachlasses auferlegt wird, den er tatsächlich
  412. nicht erhalten hat.
  413. - 10 -
  414. 19
  415. (2) Eine über zwanzig Jahre hinausgehende Beschränkung der Verfügungsfreiheit des Käufers, dem nur eine geringe Subvention gewährt wurde, ist
  416. auch nicht deshalb angemessen, weil sie eine Verfehlung des mit dem
  417. begünstigen Verkauf an ortsansässige Bürger verfolgten Zwecks durch
  418. Bodenspekulationen zu Lasten der Allgemeinheit infolge Mitnahme von
  419. (planungsbedingten oder konjunkturellen) Wertsteigerungen verhindert (vgl.
  420. Senat, Urteil vom 29. November 2002 - V ZR 105/02, BGHZ 153, 93, 105; Urteil
  421. vom 21. Juli 2006 - V ZR 252/05, NJW-RR 2006, 1452 Rn. 14 ff.). Auch
  422. insoweit bestimmt sich die zulässige Laufzeit in erster Linie nach dem Umfang
  423. des dem Käufer gewährten Preisnachlasses (vgl. Senat, Urteil vom 22. Juni
  424. 2007 – V ZR 260/06, NJW-RR 2007, 1608 Rn. 21). Ist von der Gemeinde kein
  425. oder nur ein geringer Nachlass gewährt worden, ist der mit dem Verkauf des
  426. Grundstücks im Einheimischenmodell verfolgte Zweck dann erreicht worden,
  427. wenn das Grundstück entsprechend den Festsetzungen des (künftigen)
  428. Bebauungsplanes bebaut und - hier ohne Auferlegung einer Nutzungsbeschränkung - über 20 Jahre zweckentsprechend genutzt wurde.
  429. 20
  430. (3) Entgegen der Ansicht der Revision (ebenso allerdings OLG
  431. Düsseldorf, MittBayNot 2013, 336, 337) ist es für die Beurteilung der
  432. Angemessenheit der 30jährigen Ausübungsfrist schließlich unbeachtlich, dass
  433. die Beklagte ihr Wiederkaufsrecht bei einem Weiterverkauf an Abkömmlinge
  434. des Käufers oder deren Ehegatten nicht hätte ausüben können. Eine
  435. Verfügungsbeschränkung des Käufers, die sich unter Berücksichtigung der mit
  436. dem Vertrag verfolgten städtebaulichen Ziele und der Höhe der dem Käufer
  437. gewährten Subvention als unangemessen lang darstellt, kann nicht deshalb
  438. verhältnismäßig sein, weil das Wiederkaufsrecht in einem Sonderfall (der
  439. Weiterveräußerung an Abkömmlinge des Käufers oder deren Ehegatten) nicht
  440. ausgeübt werden kann. Bedeutung hat diese Regelung nur bei einem
  441. Weiterverkauf innerhalb einer für die Ausübung des Wiederkaufsrechts
  442. angemessenen Frist. Die vertragliche Bestimmung nimmt der Beklagten bei den
  443. Verkäufen zur Übertragung des Grundbesitzes an die folgende Generation die
  444. - 11 -
  445. von ihr ansonsten nach pflichtgemäßen Ermessen zu treffende Entscheidung
  446. ab, ob das Wiederkaufsrecht auf Grund der besonderen Umstände des
  447. Verkaufs (in der Familie des Käufers) ausgeübt werden soll.
  448. 21
  449. 3. Die Revision ist danach als unbegründet zurückzuweisen, weil der
  450. Rechtsstreit von dem Berufungsgericht richtig entschieden worden ist. Ob der
  451. Verstoß gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung in § 11 Abs. 2
  452. Satz 1 BauGB zur Nichtigkeit der Vereinbarung über das Wiederkaufsrecht
  453. insgesamt oder in entsprechender Anwendung des § 139 BGB zur Verkürzung
  454. der vereinbarten auf eine angemessene Ausübungsfrist führt (vgl. Senat, Urteil
  455. vom 20. September 2005 - V ZR 37/05, NJW-RR 2006, 298, 300 - betr. einen
  456. Verkauf unter Geltung des Reichsheimstättengesetzes; Senat, Urteil vom
  457. 22. Juni 2007 - V ZR 260/06, NJW-RR 2007, 1608 Rn. 18 - betr. einen Verkauf
  458. zu einem Preis nach dem Verkaufsgesetz der DDR vom 7. März 1990 - GBl. I
  459. 157) kann dahinstehen. Denn eine längere Frist als zwanzig Jahre wäre nicht
  460. angemessen; die Weiterveräußerung des Grundstücks durch die Kläger ist
  461. jedoch erst nach Ablauf dieser Frist erfolgt. Da die Kläger das Grundstück dem
  462. Vertrag gemäß bebaut haben, kann ebenfalls offen bleiben, ob die
  463. Vereinbarung einer Ausübungsfrist von dreißig Jahren für den Sonderfall des
  464. Weiterverkaufs des noch unbebauten Grundstücks aufrecht zu erhalten wäre;
  465. hierfür könnte sprechen, dass in einem solchen Fall die Mitnahme des
  466. Gewinnes aus der Bodenwertsteigerung durch den Käufer dem von der
  467. Gemeinde mit dem Verkauf des Grundstücks als Bauplatz im Einheimischenmodell verfolgten städtebaulichen Ziel in besonders krasser Weise
  468. widerspricht (vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1994 - IX ZR 251/93, DNotZ
  469. 1995, 204, 207).
  470. - 12 -
  471. III.
  472. 22
  473. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
  474. Stresemann
  475. Czub
  476. Weinland
  477. Brückner
  478. Kazele
  479. Vorinstanzen:
  480. LG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.02.2014 - 9 O 416/10 OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 18.11.2014 - I-21 U 102/14 -