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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. V ZR 167/14
  5. Verkündet am:
  6. 24. Juli 2015
  7. Weschenfelder
  8. Justizhauptsekretärin
  9. als Urkundsbeamtin
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. nein
  16. BGHR:
  17. ja
  18. WEG § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1
  19. Allein nach Kaufrecht zu beurteilende Ansprüche auf Minderung und sog. kleinen
  20. Schadensersatz fallen jedenfalls dann nicht in den Anwendungsbereich des § 10
  21. Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG, wenn eine gebrauchte Eigentumswohnung unter
  22. Ausschluss der Haftung für Sachmängel verkauft und eine Beschaffenheitsgarantie
  23. nicht vereinbart worden ist.
  24. BGH, Urteil vom 24. Juli 2015 - V ZR 167/14 - Kammergericht
  25. LG Berlin
  26. -2-
  27. -3-
  28. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  29. vom 24. Juli 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter
  30. Dr. Roth, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter
  31. Dr. Kazele
  32. für Recht erkannt:
  33. Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 20. Zivilsenats des Kammergerichts vom 12. Mai 2014 aufgehoben.
  34. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung,
  35. auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
  36. Von Rechts wegen
  37. Tatbestand:
  38. 1
  39. Mit notariellem Vertrag vom 10. Dezember 2010 kauften der Kläger und
  40. seine Ehefrau von der Beklagten eine Eigentumswohnung zum Preis von
  41. 150.000 €. Die Haftung für Sachmängel wurde ausgeschlossen.
  42. 2
  43. Das Haus gehört zu einem größeren - in den fünfziger Jahren errichteten - Gebäudekomplex, der bereits im Jahre 1987 im Auftrag der Muttergesellschaft der Beklagten auf seine Standsicherheit hin untersucht worden war. Die
  44. darauf bei einigen Wohngebäuden vorgenommene Sanierung blieb hinter den
  45. -4-
  46. Vorgaben des Sachverständigen zurück. 2003 führte ein weiterer Sachverständiger zu einem anderen Gebäude der Wohnungseigentumsanlage aus, es sei
  47. als kritisch zu bewerten, dass kein geschlossenes Abdichtungssystem für das
  48. Kellergeschoss gegeben sei.
  49. 3
  50. In dem Kaufvertrag wurde auf erhöhte Feuchtigkeitswerte an den Kelleraußenwänden hingewiesen und in diesem Zusammenhang ausgeführt, es sei
  51. durch die Wohnungseigentümergemeinschaft beabsichtigt, auf der nächsten
  52. ordentlichen Eigentümerversammlung einen Beschluss zur Beseitigung der Undichtigkeit an den Kelleraußenwänden zu fassen. Der in der Folgezeit gefasste
  53. Beschluss über die Sanierung der Pfeiler, der tragenden Wände sowie der Kelleraußenwände auf Kosten der Beklagten bzw. ihrer Muttergesellschaft focht
  54. die Beklagte erfolgreich an.
  55. 4
  56. Soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, verlangt der Kläger als
  57. Hauptforderung Schadensersatz in Höhe einer Verkehrswertminderung von
  58. 45.000 € und behauptet hierzu, er und seine Ehefrau seien von der Beklagten
  59. bei Vertragsschluss arglistig getäuscht worden. Die unzureichende Sanierung
  60. und darauf beruhende mangelnde Standfestigkeit des Hauses sei ebenso vorsätzlich verschwiegen worden wie Durchfeuchtungen im Kellergeschoss. Die
  61. Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat
  62. zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
  63. Entscheidungsgründe:
  64. I.
  65. 5
  66. Das Berufungsgericht hält die Klage schon deshalb für unbegründet, weil
  67. es bei den Rechten auf Minderung und sog. kleinen Schadensersatz um ge-
  68. -5-
  69. meinschaftsbezogene Rechte nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG gehe,
  70. die ein eigenständiges Vorgehen des einzelnen Wohnungseigentümers nicht
  71. zuließen. Für deren Geltendmachung und Durchsetzung sei allein die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zuständig. Dies entspreche der
  72. ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Werkvertragsrecht.
  73. Für kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche gelte nichts anderes.
  74. II.
  75. 6
  76. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen
  77. Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
  78. 7
  79. 1. Dessen Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung
  80. bereits deshalb nicht stand, weil die angenommene Alleinzuständigkeit der
  81. Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG
  82. bereits zur Verneinung der Prozessführungsbefugnis und damit zur Abweisung
  83. der Klage als unzulässig hätte führen müssen. Auch wenn der Wohnungseigentümer Rechtsinhaber bleibt, steht die materielle Ausübungs- und die Prozessführungsbefugnis bei den unter die Norm fallenden Rechten allein dem Verband
  84. zu (vgl. nur Senat, Urteil vom 5. Dezember 2014 - V ZR 5/14, NJW 2015, 1020
  85. Rn. 5 ff. mwN). Diese können von dem Rechtsinhaber im eigenen Namen nur
  86. noch unter den Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft geltend
  87. gemacht werden (BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172,
  88. 42 Rn. 22; vgl. auch Senat, Urteil vom 23. Juni 1989 - V ZR 40/88, BGHZ 108,
  89. 156, 161). Daran fehlt es hier. Eine Ermächtigung des Klägers durch den Verband liegt nicht vor.
  90. 8
  91. 2. Davon abgesehen fällt der Klageanspruch schon mangels Gemeinschaftsbezogenheit nicht unter § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG.
  92. 9
  93. -6-
  94. a) Richtig ist allerdings, dass Rechte auf Minderung und sog. kleinen
  95. Schadensersatz wegen behebbarer Mängel am Gemeinschaftseigentum (vgl.
  96. BGH, Urteil vom 15. Februar 1990 - VII ZR 269/88, BGHZ 110, 258, 261; Klein
  97. in Bärmann, WEG, 12. Aufl., Anh. § 10 Rn. 17) jedenfalls bei dem nach Werkvertragsrecht zu beurteilenden Erwerb einer neu errichteten Wohnung vom
  98. Bauträger als gemeinschaftsbezogen qualifiziert werden und infolgedessen die
  99. Befugnis des einzelnen Wohnungseigentümers zur Geltendmachung seiner
  100. individualvertraglichen Rechte ausnahmsweise ausgeschlossen ist (vgl. BGH,
  101. Urteile vom 23. Februar 2006 - VII ZR 84/05, NJW 2006, 2254 Rn. 15 u. 18;
  102. vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 19; vom 30. April 1998
  103. - VII ZR 47/97, NJW 1998, 2967, 2968; vom 6. Juni 1991 - VII ZR 372/89,
  104. BGHZ 114, 383, 387; vom 10. Mai 1979 - VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258, 263 ff.;
  105. zur Anwendung von Werkvertragsrecht beim Abverkauf sanierter Altbauten
  106. BGH, Urteil vom 26. April 2007 - VII ZR 210/05, NJW 2007, 3275 Rn. 18 ff.).
  107. Solche Rechte begründen eine geborene Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft (BGH, Urteile vom 23. Februar 2006 - VII ZR 84/05,
  108. NJW 2006, 2254 Rn. 15; vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42
  109. Rn. 19); auch die Voraussetzungen für diese Ansprüche kann nur die Wohnungseigentümergemeinschaft schaffen (BGH, Urteile vom 23. Februar 2006
  110. - VII ZR 84/05, NJW 2006, 2254 Rn. 18). Maßgeblich dafür ist vor allem die Erwägung, dass die Wohnungseigentümer nur gemeinschaftlich darüber befinden
  111. können, wie das Wahlrecht zwischen Minderung und Schadensersatz auszuüben ist und wie die vom Gewährleistungsschuldner erlangten Mittel verwendet
  112. werden sollen (BGH, Urteil vom 10. Mai 1979 - VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258,
  113. 265). Ist der Mangel noch behebbar, so ist die Wahl zwischen Minderung und
  114. Schadensersatz im Wesentlichen davon abhängig, ob und inwieweit der Mangel
  115. beseitigt werden soll. Die Entscheidung darüber fällt gemäß § 21 Abs. 1, Abs. 5
  116. Nr. 2 WEG in die Zuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft. Darüber hinaus dient diese Rechtsprechung auch dem Schutz des Schuldners, der
  117. -7-
  118. davor bewahrt werden soll, von einem Wohnungseigentümer auf Nachbesserung und von einem anderen auf Minderung oder „kleinen“ Schadensersatz in
  119. Anspruch
  120. genommen
  121. zu
  122. werden
  123. (BGH,
  124. Urteil
  125. vom
  126. 30.
  127. April
  128. 1998
  129. - VII ZR 47/97, NJW 1998, 2967, 2968).
  130. 10
  131. b) Ob diese Grundsätze auch auf ausschließlich nach Kaufrecht zu beurteilende Veräußerungen gebrauchter Eigentumswohnungen übertragbar sind,
  132. wird nicht einheitlich beurteilt. Während dies überwiegend ohne nähere Begründung bejaht wird (OLG Frankfurt a.M., NJW-RR 1993, 121 f.; Bärmann/Pick, WEG, 19. Aufl., § 13 Rn. 44; wohl auch Timme/Dötsch, WEG,
  133. 2. Aufl., § 10 Rn. 720; vgl. auch Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 5. Aufl.,
  134. Rn. 994 ff. mit Blick auf den nunmehr auch dem Käufer zustehenden Nacherfüllungsanspruch), verneint das OLG Düsseldorf diese Frage (OLGR 2001, 310,
  135. 312; der Sache nach wohl auch KG, Urteil vom 16. Oktober 2007 - 6 U 140/06,
  136. NJOZ 2008, 1590, 1597 f.) unter Hinweis darauf, dass der Erwerber von Wohnungseigentum kaufrechtliche Ansprüche auf Minderung oder „kleinen“ Schadensersatz mit Blick auf am Gemeinschaftseigentum aufgetretene Mängel nur
  137. entsprechend seinem Miteigentumsanteil verlangen könne.
  138. 11
  139. c) Der Senat hat die Frage bislang offen gelassen (Urteil vom
  140. 23. Juni 1989 - V ZR 40/88, BGHZ 108, 156, 158). Er entscheidet sie nunmehr
  141. dahin, dass allein nach Kaufrecht zu beurteilende Ansprüche auf Minderung
  142. und „kleinen“ Schadensersatz jedenfalls dann nicht in den Anwendungsbereich
  143. des § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG fallen, wenn - wie hier - eine gebrauchte Eigentumswohnung unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel verkauft
  144. und eine Beschaffenheitsgarantie nicht vereinbart worden ist.
  145. 12
  146. aa) Gemeinschaftsbezogen im Sinne von § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1
  147. WEG sind nur Rechte, die im Interesse der Wohnungseigentümer oder aus
  148. Gründen des Schuldnerschutzes eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern
  149. -8-
  150. (Klein in Bärmann, aaO, § 10 Rn. 247 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom
  151. 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 19 sowie zur Annahme einer
  152. gemeinschaftsbezogenen Pflicht Senat, Urteil vom 5. Dezember 2014
  153. - V ZR 5/14, NJW 2015, 1020 Rn. 6 mwN). Bei der Annahme der Erforderlichkeit ist Zurückhaltung geboten. Der Entzug der materiellen Ausübungsbefugnis
  154. mit der Folge des Verlusts auch der Prozessführungsbefugnis stellt jedenfalls
  155. bei vertraglich begründeten Individualrechten einen gravierenden Eingriff in die
  156. Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) dar, die auch verbürgt, dass eigene Rechte
  157. grundsätzlich selbst ausgeübt und prozessual durchgesetzt werden können.
  158. Auch als Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft können dem Wohnungseigentümer diese Befugnisse gegen seinen Willen nicht ohne weiteres
  159. entzogen werden.
  160. 13
  161. Vor diesem Hintergrund kann die Gemeinschaftsbezogenheit nur bejaht
  162. werden, wenn schutzwürdige Belange der Wohnungseigentümer oder des
  163. Schuldners an einer einheitlichen Rechtsverfolgung (BGH, Urteile vom 23. Februar 2006 - VII ZR 84/05, NJW 2006, 2254 Rn. 15) das grundsätzlich vorrangige
  164. Interesse des Rechtsinhabers, seine Rechte selbst und eigenverantwortlich
  165. auszuüben und prozessual durchzusetzen, deutlich überwiegen. Dabei ist mit
  166. Blick auf die Erfordernisse der Rechtsklarheit und der Sicherheit des Rechtsverkehrs eine typisierende Betrachtung geboten (so der Sache nach etwa BGH,
  167. Urteil vom 23. Februar 2006 - VII ZR 84/05, NJW 2006, 2254 Rn. 15 ff.; vgl.
  168. auch Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 43 Rn. 19 mwN; aA
  169. Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 505: Einzelfallbetrachtung). Scheidet
  170. danach die Annahme eines gemeinschaftsbezogenen Rechts aus, kommt nur
  171. noch eine Vergemeinschaftung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des
  172. Einzelfalles nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG in Betracht, bei der eine
  173. gemeinschaftliche Rechtsverfolgung zwar sinnvoll, aber nicht zwingend erforderlich ist und bei der nur ein Zugriffsermessen der Wohnungseigentümer im
  174. -9-
  175. Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung besteht (vgl. Senat, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 125/10, NJW 2011, 1351 Rn. 9; BGH, Urteil vom 12. April
  176. 2007 - VII ZR 236/05, BGHZ 172, 42 Rn. 18 ff.; Klein in Bärmann, aaO, Anh.
  177. § 10 Rn. 25). Im Unterschied zu den gemeinschaftsbezogenen Ansprüchen
  178. kann die Wohnungseigentümergemeinschaft diese Rechte nur ausüben, wenn
  179. sie die Rechtsverfolgung durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss an sich
  180. gezogen hat (vgl. nur Klein in Bärmann, aaO, § 10 Rn. 251; Senat, Urteil vom
  181. 17. Dezember 2010 - V ZR 125/10, NJW 2011, 1351 Rn. 9).
  182. 14
  183. bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Gemeinschaftsbezogenheit vorliegend zu verneinen. Anders als bei Rechten auf Minderung und „kleinen“ Schadensersatz, die aus der Verletzung der Herstellungsverpflichtung eines Bauträgers resultieren, bestehen jedenfalls bei dem Kauf gebrauchter Eigentumswohnungen, die unter Freizeichnung der Haftung für Sachmängel verkauft werden,
  184. typischerweise keine Interessen der Wohnungseigentümer oder des Verkäufers, die den von § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG angeordneten Eingriff in
  185. die Privatautonomie des Käufers rechtfertigen.
  186. 15
  187. (1) Anders als bei einem Erwerb vom Bauträger existieren in aller Regel
  188. schon keine gleichgerichteten Ansprüche mehrerer Erwerber gegen einen einzigen Veräußerer.
  189. 16
  190. Der Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung hat im Unterschied zum
  191. Bauträgervertrag keine Herstellungsverpflichtung zum Gegenstand, die auf dieselbe Leistung gerichtet wäre. Kaufverträge über gebrauchte Eigentumswohnungen werden typischerweise individuell und mit unterschiedlichen Verkäufern
  192. abgeschlossen; sie stehen regelmäßig in keinem zeitlichen Zusammenhang
  193. zueinander. Eine gleichgerichtete Interessenlage der Wohnungseigentümer ist
  194. nicht gegeben. Es besteht daher in der Regel weder die Möglichkeit noch das
  195. Bedürfnis, unterschiedliche Ansprüche gleichgerichtet zu bündeln. Das gilt um-
  196. - 10 -
  197. so mehr, als den Käufern selbst bei Abverkäufen mehrerer gebrauchter Wohnungen durch denselben Verkäufer typischerweise wegen des allgemein üblichen und selbst bei formelhafter (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2005
  198. - VII ZR 117/04, BGHZ 164, 225, 230; vgl. auch Senat, Urteil vom 6. Juni 1986 V ZR 67/85, BGHZ 98, 100, 108 f.) und formularmäßiger Einbeziehung (Senat,
  199. Urteil vom 23. Juni 1989 - V ZR 40/88, BGHZ 108, 156, 162 f.) wirksamen Haftungsausschlusses für Sachmängel keine Ansprüche zur Seite stehen, während
  200. beim Werkvertrag ein solcher Haftungsausschluss in der Rechtspraxis - sieht
  201. man von eher exotischen Ausnahmefällen ab - nicht zum Tragen kommt. Geht
  202. es um den Erwerb einer neu errichteten oder noch zu errichtenden Eigentumswohnung, kann die Haftung für Sachmängel formularmäßig überhaupt nicht und
  203. im Wege einer Individualvereinbarung nur unter der strengen Voraussetzung
  204. wirksam vereinbart werden, dass die Freizeichnung mit dem Erwerber unter
  205. ausführlicher notarieller Belehrung über die einschneidenden Rechtsfolgen eingehend
  206. erörtert
  207. worden
  208. ist
  209. (BGH,
  210. Urteil
  211. vom
  212. 17.
  213. September 1987
  214. - VII ZR 153/86, BGHZ 101, 350, 353; BGH, Urteil vom 29. Juni 1989
  215. - VII ZR 151/88, BGHZ 108, 164, 168; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2005
  216. - VII ZR 117/04, BGHZ 164, 225, 230; BGH, Urteil vom 8. März 2007
  217. - VII ZR 130/05, NJW-RR 2007, 895 Rn. 27). Nur vor diesem Hintergrund
  218. kommt es zu der Gemengelage, die für den Erwerb vom Bauträger typisch und
  219. dadurch gekennzeichnet ist, dass die mehreren Erwerbern geschuldete mangelfreie Ersterrichtung des Gemeinschaftseigentums zugleich zu der den Wohnungseigentümern nach § 21 Abs. 1 und Abs. 5 Nr. 2 WEG obliegenden ordnungsmäßigen Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums gehört, und die
  220. ein gemeinschaftliches Vorgehen mit der Folge der Beschneidung der materiellen Ausübungsbefugnis und der Beschränkung der individuellen Rechtsverfolgungskompetenz notwendig macht (vgl. BGH Urteil vom 30. April 1998
  221. - VII ZR 47/97, NJW 1998, 2967, 2968; BGH, Urteil vom 10. Mai 1979
  222. - VII ZR 30/78, BGHZ 74, 258, 265).
  223. - 11 -
  224. 17
  225. Aus der üblichen Freizeichnung von der Haftung für Sachmängel beim
  226. Kauf einer gebrauchten Eigentumswohnung folgt, dass der Käufer nach § 444
  227. BGB - sieht man von Fällen einer vereinbarten Beschaffenheitsgarantie ab Ansprüche wegen eines Sachmangels nur dann mit Erfolg geltend machen
  228. kann, wenn der Verkäufer über das Vorliegen eines Mangel durch aktives Tun
  229. oder pflichtwidriges Unterlassen arglistig getäuscht hat. Dies wiederum führt
  230. dazu, dass der Verband bei fehlendem arglistigen Verhalten des Verkäufers
  231. - und damit im Regelfall - durch den Abschluss von Kaufverträgen über eine
  232. gebrauchte Eigentumswohnung schon deshalb nicht begünstigt ist, weil es
  233. schon an einem Anspruch fehlt, dessen Ausübungsbefugnis ihm zuwachsen
  234. könnte. Nichts anders gilt im Ergebnis, wenn dem einzelnen Käufer ausnahmsweise nur deshalb Ansprüche zustehen, weil er von dem Verkäufer arglistig getäuscht worden ist. Das Tatbestandsmerkmal der arglistigen Täuschung knüpft
  235. an individuelles - zumindest bedingt vorsätzliches (Senat, Urteil vom
  236. 7. Juli 1989 - V ZR 21/88, NJW 1990, 42 f.; Senat, Urteil vom 3. März 1995
  237. - V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550; Senat, Urteil vom 16. März 2012
  238. - V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078 Rn. 24; BGH, Urteil vom 19. März 1992
  239. - III ZR 16/90, BGHZ 117, 363, 368) - Verhalten und damit an (vor-)vertragliche
  240. Redlichkeitsanforderungen im Einzelfall an, denen jeder Gemeinschaftsbezug
  241. fehlt.
  242. 18
  243. (2) Eine einheitliche Rechtsverfolgung ist auch nicht aus Gründen des
  244. Schuldnerschutzes geboten. Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht
  245. die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme des Veräußerers bei dem Verkauf
  246. einer gebrauchten Wohnung in aller Regel schon deshalb nicht, weil - im Gegensatz zu den Fällen des Erwerbs vom Bauträger - die Verträge typischerweise mit verschiedenen Verkäufern geschlossen werden. Aber auch wenn es
  247. sich ausnahmsweise, wie es hier möglicherweise der Fall ist, anders verhält,
  248. sind keine Belange des Schuldners ersichtlich, die das Interesse des Käufers,
  249. - 12 -
  250. seine Rechte auf Minderung und „kleinen“ Schadensersatz selbst auszuüben
  251. und prozessual geltend zu machen, deutlich überwiegen.
  252. 19
  253. (a) Das gilt zunächst für die parallele Geltendmachung von Minderung
  254. oder Schadensersatz durch verschiedene Käufer. Zwar steht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Werkvertragsrecht dem einzelnen Erwerber ein Schadensersatzanspruch wegen eines behebbaren Mangels am
  255. Gemeinschaftseigentum in Höhe der gesamten Mängelbeseitigungskosten zu
  256. (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - VII ZR 208/97, BGHZ 141, 63, 65; BGH,
  257. Urteil vom 7. Juni 2001 - VII ZR 420/00, BGHZ 148, 85, 88; BGH, Urteil vom
  258. 10. März 2005 - VII ZR 321/03, NJW-RR 2005, 1039; Klein in Bärmann, aaO,
  259. Anh. § 10 Rn. 45 ff.; Timme/Dötsch, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 789). Er ist deshalb - wie bereits dargelegt - ohne einen dazu ermächtigenden Beschluss der
  260. Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich daran gehindert, Ansprüche
  261. auf „kleinen“ Schadensersatz oder Minderung selbst durchzusetzen.
  262. 20
  263. Der werkvertragliche Schadensersatzanspruch des einzelnen Bauherrn
  264. unterscheidet sich jedoch vom kaufrechtlichen Anspruch maßgeblich dadurch,
  265. dass er von der werkvertraglichen Erfolgshaftung des Auftragnehmers geprägt
  266. ist (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - VII ZR 208/97, BGHZ 141, 63, 67). Im
  267. Kaufrecht steht der individualisierte Marktwert der erworbenen Einheit im Vordergrund. Soweit ausschließlich Kaufrecht zur Anwendung kommt, verteilt sich
  268. bei Mängeln des gemeinschaftlichen Eigentums der insgesamt entstandene
  269. Minderwert daher auf die einzelnen Wohnungseigentümer, und zwar in der Regel nach Maßgabe des jeweiligen Anteils am Gemeinschaftseigentum (Senat,
  270. Urteil vom 23. Juni 1989 - V ZR 40/88, BGHZ 108, 156, 160; Senat, Urteil vom
  271. 22. Dezember 1995 - V ZR 52/95, NJW 1996, 1056, 1057; Timme/Dötsch,
  272. WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 789; vgl. auch Klein in Bärmann, aaO, Anh. § 10
  273. Rn. 49). Daran hat sich durch die Schuldrechtsreform nichts geändert (KG, Urteil vom 16. Oktober 2007 - 6 U 140/06, NJOZ 2008, 1590, 1597 f.; vgl. auch
  274. - 13 -
  275. Senat, Urteil vom 12. März 2010 - V ZR 147/09, NZM 2010, 444, 445). Auch
  276. dann, wenn der Käufer den Minderwert anhand der zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten berechnet (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 9. Oktober 1964
  277. - V ZR 109/62, NJW 1965, 34, 35), trifft der so ermittelte Minderwert jeden Miteigentümer nur anteilig nach Maßgabe seines Anteils am gemeinschaftlichen
  278. Eigentum (Senat, Urteil vom 23. Juni 1989 - V ZR 40/88, BGHZ 108, 156, 160).
  279. Sein Schaden wird durch die nach seinem Miteigentumsanteil bestimmte Quote
  280. des insgesamt bestehenden Minderwertes bestimmt (Senat, Urteil vom 22. Dezember 1995 - V ZR 52/95, NJW 1996, 1056, 1057; KG, Urteil vom 16. Oktober
  281. 2007 - 6 U 140/06, NJOZ 2008, 1590, 1597 f.). Die Summe der einzelnen
  282. Schäden kann dabei nicht größer sein als der am gemeinschaftlichen Eigentum
  283. insgesamt entstandene Minderwert (Senat, Urteil vom 23. Juni 1989
  284. - V ZR 40/88, BGHZ 108, 156, 160).
  285. 21
  286. Kann ein Wohnungseigentümer demnach „kleinen“ Schadenersatz von
  287. vornherein nur anteilig verlangen, ist es weder aus Gründen des Schuldnerschutzes erforderlich noch sachgerecht, ihm die Berechtigung zur Geltendmachung dieses Anspruchs zu versagen. Durch die individuelle Ausübung der
  288. Verkäuferrechte werden keine Gemeinschaftsinteressen verletzt. Da sich sowohl Minderung als auch das Schadensersatzbegehren nur auf die anteiligen
  289. Nachteile des jeweiligen Käufers beziehen, kollidieren die Ansprüche ebenso
  290. wenig miteinander wie bei einem Rücktritt oder bei einem Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung. Etwaige Ansprüche anderer Käufer bleiben hiervon unberührt.
  291. 22
  292. (b) Was die Kollision der Rechte auf „kleinen“ Schadensersatz und Minderung mit dem seit der Schuldrechtsreform auch dem Käufer grundsätzlich
  293. eingeräumten Anspruch auf Nacherfüllung (§ 439 BGB) anbelangt, führt die im
  294. Rahmen des § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG gebotene Abwägung zu keinem anderen Ergebnis. Dabei kann offen bleiben, ob der Verkäufer einer
  295. - 14 -
  296. gebrauchten Eigentumswohnung mit Blick auf das Gemeinschaftseigentum
  297. über die Übertragung des Miteigentumsanteils hinaus gehalten ist, dem Käufer
  298. insgesamt mangelfreies Gemeinschaftseigentum mit der Folge einer entsprechenden Nachbesserungspflicht zu verschaffen.
  299. 23
  300. Verneint man die Frage, scheidet ein auf Nacherfüllung in natura gerichteter Nacherfüllungsanspruch von vornherein aus; in Betracht kommt dann nur
  301. noch ein regelmäßig auf die Quote des Miteigentumsanteils (§ 16 Abs. 2 WEG)
  302. beschränkter Anspruch auf Freistellung von den Kosten zur Beseitigung des
  303. Mangels (zu Letzterem vgl. auch Senat, Urteil vom 12. März 2010 - V ZR
  304. 147/09, NZM 2010, 444 Rn. 11 f.). Bestimmt man die Sollbeschaffenheit dagegen weiter und räumt dem Käufer demgemäß einen „vollen“ (Nach-)
  305. Erfüllungsanspruch ein, kommt eine Behebung des Mangels am Gemeinschaftseigentum auch Käufern zugute, denen der Verkäufer bereits „kleinen“
  306. Schadensersatz- oder Minderung geleistet hat (zu den Voraussetzungen, unter
  307. denen der Verkäufer die Nachbesserung nach § 439 Abs. 3 BGB verweigern
  308. kann, ausführlich Senat, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 275/12, BGHZ 200, 350
  309. Rn. 34 ff.). Der arglistig handelnde Verkäufer kann dieses Ergebnis regelmäßig
  310. nicht dadurch vermeiden, dass er innerhalb der grundsätzlich erforderlichen
  311. Fristsetzung den Mangel behebt, weil der Käufer dem arglistig täuschenden
  312. Verkäufer hierzu in aller Regel keine Gelegenheit geben muss (Senat, Urteil
  313. vom 12. März 2010 - V ZR 147/09, aaO, Rn. 9 mwN). Indessen kann der Verkäufer von dem Erwerber, der mit Erfolg sekundäre Mängelrechte geltend gemacht hat, bei ordnungsgemäß durchgeführter Nachbesserung nach § 812
  314. Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich verlangen (dazu Derleder, ZWE 2009, 1, 8; Ott, NZM 2007, 505, 507; Baer, BTR
  315. 2006, 113, 121). Dass er dabei - anders als nach der Rechtsprechung des
  316. Bundesgerichtshofs zu dem Erwerb vom Bauträger - insoweit das Insolvenzrisiko des Käufers tragen muss, erscheint sachgerecht, wenn man bedenkt,
  317. - 15 -
  318. dass die Schutzbedürftigkeit des arglistig Täuschenden stark eingeschränkt ist
  319. (zu Letzterem Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205
  320. Rn. 24; Senat, Urteil vom 24. März 2006 - V ZR 173/05, BGHZ 167, 19 Rn. 13).
  321. 24
  322. Darüber hinaus kommen anteilig Bereicherungsansprüche gegen diejenigen Wohnungseigentümer in Betracht, denen der Verkäufer nicht die Verschaffung einer mangelfreien Sache schuldet - sei es, dass mit diesen schon
  323. keine vertraglichen Beziehungen bestehen; sei es, dass es bei einem vereinbarten Haftungsausschluss verbleibt. Das gilt zumindest dann, wenn infolge der
  324. Nachbesserung eine ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechende Verbesserung des Gemeinschaftseigentums eingetreten und dadurch Aufwendungen
  325. erspart worden sind, die sonst über Beiträge, eine Sonderumlage oder über
  326. einen Rückgriff auf Rücklagen hätten aufgebracht werden müssen. Einschränkungen nach den Grundsätzen einer aufgedrängten Bereicherung (vgl. dazu
  327. nur MüKoBGB/Schwab, 6. Aufl., § 818 Rn. 194 ff.; Palandt/Sprau, BGB,
  328. 74. Aufl., § 812 Rn. 52; Palandt/Bassenge, aaO, § 951 Rn. 18; jeweils mwN)
  329. kämen jedenfalls bei Einwilligung der Wohnungseigentümer nicht zum Tragen.
  330. 25
  331. (3) Schließlich steht der hier zugrunde gelegten Rechtsauffassung nicht
  332. das Senatsurteil vom 15. Januar 2010 entgegen, wonach die Befugnis der
  333. Wohnungseigentümer, werkvertragliche Erfüllungs- und Nachbesserungsansprüche nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 WEG auf den Verband zur Ausübung zu übertragen, nicht das Bestehen gleichgerichteter Ansprüche sämtlicher Wohnungseigentümer voraussetzt (vgl. Urteil vom 15. Januar 2010
  334. - V ZR 80/09, NJW 2010, 933 Rn. 8 ff.). Ob sich daraus herleiten lässt, dass
  335. hinsichtlich der Ansprüche des Käufers einer gebrauchten Wohnung auf Minderung oder „kleinen“ Schadensersatz eine gekorene Ausübungsbefugnis im Sinne der genannten Vorschrift anzunehmen ist, erscheint zweifelhaft, muss hier
  336. jedoch nicht entschieden werden. Eine Rechtsausübung des Klageanspruchs
  337. durch den Verband wurde vorliegend nicht beschlossen.
  338. - 16 -
  339. 26
  340. 3. Da die Abweisung der Klage nach allem keinen Bestand haben kann
  341. und der Rechtstreit mangels Feststellungen zu den geltend gemachten Mängeln und deren arglistigem Verschweigen nicht zur Endentscheidung reif ist,
  342. muss die Sache unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung (§ 562
  343. Abs. 1 ZPO) an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§ 563 Abs. 1
  344. Satz 1 ZPO).
  345. Stresemann
  346. Roth
  347. Weinland
  348. Brückner
  349. Kazele
  350. Vorinstanzen:
  351. LG Berlin, Entscheidung vom 15.05.2013 - 5 O 391/12 KG Berlin, Entscheidung vom 12.05.2014 - 20 U 138/13 -