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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. IM NAMEN DES VOLKES
  3. URTEIL
  4. III ZR 36/17
  5. Verkündet am:
  6. 5. April 2018
  7. Kiefer
  8. Justizangestellter
  9. als Urkundsbeamter
  10. der Geschäftsstelle
  11. in dem Rechtsstreit
  12. Nachschlagewerk:
  13. ja
  14. BGHZ:
  15. ja
  16. BGHR:
  17. ja
  18. WBVG § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1; SGB XI §§ 85, 91
  19. Vorformulierte Bestimmungen in einem Wohn- und Betreuungsvertrag über
  20. vollstationäre Pflege zwischen einem Versicherten der Pflegeversicherung
  21. (Verbraucher) und einer zugelassenen Pflegeeinrichtung ohne Pflegesatzvereinbarung (§§ 85, 91 Abs. 1 SGB XI), die eine Verpflichtung des Heimbewohners zur Sicherheitsleistung vorsehen, sind mit § 14 Abs. 4 Satz 1 WBVG vereinbar. Dies gilt auch gegenüber Verbrauchern, die berechtigt sind, Hilfe in Einrichtungen nach dem SGB XII in Anspruch zu nehmen.
  22. BGH, Urteil vom 5. April 2018 - III ZR 36/17 - OLG Köln
  23. LG Köln
  24. ECLI:DE:BGH:2018:050418UIIIZR36.17.0
  25. - 2 -
  26. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
  27. vom 5. April 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter
  28. Dr. Remmert und Reiter sowie die Richterinnen Dr. Arend und Dr. Böttcher
  29. für Recht erkannt:
  30. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des
  31. Oberlandesgerichts Köln vom 16. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.
  32. Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat der Kläger zu tragen.
  33. Von Rechts wegen
  34. Tatbestand
  35. 1
  36. Der Kläger, der satzungsgemäß bundesweit Verbraucherinteressen
  37. wahrnimmt und ein in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG
  38. eingetragener Verbraucherschutzverein ist, nimmt die Beklagte auf Unterlassung gemäß § 1 UKlaG in Anspruch.
  39. 2
  40. Die Beklagte betreibt mehrere Einrichtungen der stationären Pflege. Für
  41. die vollstationäre Aufnahme pflegebedürftiger Personen in die "Kaiser-Otto-Residenz" in E.
  42. verwendet sie einen vorformulierten Pflegevertrag, der unter
  43. anderem folgende Bestimmungen enthält:
  44. - 3 -
  45. "1. Vertragsgegenstand
  46. 1.1
  47. 1.2
  48. Die Residenz ist durch einen Versorgungsvertrag mit den Pflegekassen gemäß §§ 72, 73 SGB XI zur Erbringung vollstationärer Pflegeleistungen zugelassen. Der Inhalt des Versorgungsvertrages sowie die
  49. Regelung des Landesrahmenvertrages nach § 75 SGB XI sind für die
  50. Residenz verbindlich und können vom Bewohner eingesehen werden.
  51. 3. Pflegevergütung
  52. 3.1
  53. Die Residenz ist eine zugelassene Pflegeeinrichtung, die auf eine
  54. vertragliche Regelung der Pflegevergütung mit öffentlichen Kostenträgern verzichtet hat. Gemäß § 91 SGB XI wird die Pflegevergütung mit
  55. dem Bewohner direkt vereinbart und abgerechnet.
  56. 3.6
  57. Die Residenz ist zugelassen gemäß § 72 SGB XI mit der Maßgabe der Kostenerstattung gemäß § 91 SGB XI. Der Bewohner hat daher
  58. einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber seiner Pflegekasse in Höhe
  59. von max. 80 % des Betrages, den die Pflegekasse für den Bewohner
  60. nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit zu leisten hat. Dies gilt
  61. auch für den Fall der Versicherung bei einer privaten Pflegeversicherung.
  62. Verbindliche Auskünfte zur Höhe der Kostenerstattung kann nur die Pflegekasse oder die private Pflegeversicherung erteilen.
  63. 4. Kaution
  64. Die Kaution beträgt (2-fache Monatsentgelt)
  65. …€
  66. 4.1
  67. Der Bewohner verpflichtet sich, der Residenz gemäß § 14 Abs. 1
  68. WBVG im Hinblick auf die Überlassung des Pflegeplatzes eine Kaution,
  69. die dem zweifachen Monatspflegesatz entspricht, zu gewähren.
  70. - 4 -
  71. 6. Vertragsdauer und Kündigung
  72. 6.1
  73. Der Vertrag gilt ab dem eingangs vereinbarten Zeitraum und endet mit dem Tod des Bewohners.
  74. Im Übrigen richtet sich die Vertragsdauer nach den §§ 4, 11 und 12 des
  75. Gesetzes zur Regelung von Verträgen über Wohnraum mit Pflege- oder
  76. Betreuungsleistungen (Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz – WBVG
  77. vom 29. Juli 2009)."
  78. 3
  79. Auf eine vorgerichtliche Abmahnung des Klägers, welche noch andere
  80. Vertragsklauseln betraf, gab die Beklagte nur eine eingeschränkte Unterlassungserklärung ab, die die in den Nummern 4 und 4.1 bestimmte Verpflichtung
  81. des Heimbewohners zur Sicherheitsleistung nicht umfasste.
  82. 4
  83. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Vertragsklauseln 4 und 4.1
  84. verstießen gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB i.V.m. §§ 14, 16 des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2319). Die Klauseln beachteten nicht das in § 14 Abs. 4 WBVG geregelte Kautionsverbot gegenüber Personen, die Leistungen nach § 42 oder § 43 SGB XI (Kurzzeitpflege
  85. bzw. vollstationäre Pflege) bezögen. Die Klauseln verstießen somit gegen halbzwingendes Recht und führten zu einer unangemessenen Benachteiligung des
  86. Heimbewohners.
  87. 5
  88. Das Landgericht hat die Beklagte unter anderem zu der vom Kläger begehrten Unterlassung hinsichtlich der vorliegend noch streitgegenständlichen
  89. Klauseln (Nr. 4 und 4.1) verurteilt. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der
  90. Beklagten hat das Oberlandesgericht unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage insoweit abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des
  91. landgerichtlichen Urteils.
  92. - 5 -
  93. Entscheidungsgründe
  94. 6
  95. Die zulässige Revision des Klägers hat keinen Erfolg.
  96. I.
  97. 7
  98. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (veröffentlicht in BeckRS 2016, 117693) im Wesentlichen ausgeführt:
  99. 8
  100. Die Vertragsklauseln Nummer 4 und 4.1 des Pflegevertrags hielten einer
  101. Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB stand. Ein Verstoß
  102. gegen § 14 Abs. 4, § 16 WBVG liege nicht vor. Gemäß Nummer 3.1 des Pflegevertrags i.V.m. § 91 Abs. 1 SGB XI richte sich die vertragliche Vereinbarung
  103. ausschließlich an Personen, die keine Sachleistungen der Pflegeversicherung
  104. in Anspruch nehmen wollten. Denn die Beklagte habe als zugelassene Pflegeeinrichtung unstreitig auf eine vertragliche Regelung der Pflegevergütung nach
  105. §§ 85 und 89 SGB XI verzichtet, so dass sie den Preis für stationäre Leistungen
  106. unmittelbar mit den Pflegebedürftigen vertraglich vereinbaren könne.
  107. 9
  108. Eine am Wortlaut des § 14 Abs. 4 WBVG und der Normen, auf die die
  109. Vorschrift Bezug nehme, orientierte Auslegung spreche dafür, dass von so genannten Selbstzahlern, also Personen, die keine Sachleistungen im Rahmen
  110. der §§ 42, 43 SGB XI erhielten und in einer Einrichtung ohne Vereinbarung einer Pflegevergütung (§ 91 SGB XI) gepflegt würden, eine Sicherheitsleistung
  111. gefordert werden dürfe. § 14 Abs. 4 WBVG schließe die Möglichkeit, Sicherheit
  112. zu verlangen, ausdrücklich aus, wenn Leistungen nach §§ 42, 43 SGB XI bezogen würden. Im konkreten Fall schieden Leistungen der Kurzzeitpflege (§ 42
  113. SGB XI) von vornherein aus, da dieser Personenkreis von dem Vertragswerk
  114. - 6 -
  115. gar nicht angesprochen werde. Das Gleiche gelte für Personen, die Leistungen
  116. nach dem SGB XII erhielten. Hinsichtlich der allein vertragsgegenständlichen
  117. vollstationären Pflege verzichteten die Heimbewohner auf die ihnen möglicherweise zustehende Sachleistung nach § 43 SGB XI, um einen individuellen Vertrag mit der Beklagten gemäß § 91 Abs. 1 SGB XI abschließen zu können. In
  118. diesem Fall erhielten die Pflegebedürftigen die pflegebedingten Aufwendungen
  119. bis zu einer Höhe von 80 % der sonst möglichen Vergütung von der Pflegekasse erstattet (§ 91 Abs. 2 SGB XI).
  120. 10
  121. Die Systematik des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes spreche
  122. ebenfalls dafür, dass die Forderung einer Sicherheitsleitung gegenüber Selbstzahlern nicht ausgeschlossen sei. Durch § 91 SGB XI werde die Wahlfreiheit
  123. von Pflegebedürftigen gewährleistet, die von einer Betreuungseinrichtung betreut werden wollten, die bewusst auf den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung verzichtet habe. Würde auch in diesen Fällen die Zulässigkeit der Vereinbarung einer Sicherheitsleistung verneint werden, hätte dies eine erhebliche
  124. Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 14 Abs. 1 WBVG zur Folge.
  125. 11
  126. Auch der Zweck des § 14 Abs. 4 WBVG spreche für dieses Auslegungsergebnis. Durch den Verzicht des Leistungsträgers auf eine Vergütungsvereinbarung (§ 91 Abs. 1 SGB XI) ändere sich die Abrechnungsmodalität, da der
  127. Träger der Betreuungseinrichtung nicht direkt mit der Pflegekasse abrechnen
  128. könne, sondern das gesamte Entgelt dem Betreuten in Rechnung stellen müsse. Nach § 14 Abs. 4 WBVG solle aber die Erbringung einer Sicherheitsleistung
  129. nur für den Fall eingeschränkt werden, dass der Träger der Einrichtung einen
  130. Anspruch gegen einen solventen Dritten (Pflegekasse) habe.
  131. - 7 -
  132. 12
  133. Hierfür spreche auch die Entstehungsgeschichte des § 14 WBVG. Nach
  134. der Vorgängerregelung des § 14 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 8 des Heimgesetzes in der
  135. bis zum 30. September 2009 gültigen Fassung (HeimG) sei das Verlangen einer Sicherheitsleistung zwar grundsätzlich zulässig gewesen. Dies habe jedoch
  136. nicht gegenüber Versicherten der Pflegeversicherung und gegenüber Personen, denen Hilfe in Einrichtungen nach dem SGB XII gewährt worden sei, gegolten. Insoweit sei der Ausschluss einer Sicherheitsleistung damit begründet
  137. worden, dass der Heimträger bei Versicherten der Pflegeversicherung gegenüber der Pflegekasse einen Anspruch auf Vergütung seiner pflegerischen Leistungen habe. Mit Einführung des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes habe
  138. der Gesetzgeber diese Regelung inhaltlich beibehalten wollen. Vor diesem Hintergrund entspreche es auch im vorliegenden Fall der tatsächlichen Interessenlage, § 14 Abs. 4 WBVG nicht anzuwenden Die Beklagte habe unstreitig keinen
  139. unmittelbaren Anspruch gegen einen Kostenträger. Vielmehr richte sich ihr Anspruch ausschließlich gegen den Pflegebedürftigen als Vertragspartner, so
  140. dass ein Sicherungsinteresse der Beklagten zu bejahen sei.
  141. II.
  142. 13
  143. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand.
  144. 14
  145. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger hinsichtlich der Vertragsklauseln Nummer 4 und 4.1 kein Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG i.V.m. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB, § 14 Abs. 1
  146. Satz 1 und Abs. 4 Satz 1, § 16 WBVG zusteht.
  147. 15
  148. Vorformulierte Bestimmungen in einem Wohn- und Betreuungsvertrag
  149. über vollstationäre Pflege zwischen einem Versicherten der Pflegeversicherung
  150. (Verbraucher) und einer zugelassenen Pflegeeinrichtung ohne Pflegesatzver-
  151. - 8 -
  152. einbarung (§§ 85, 91 Abs. 1 SGB XI), die eine Verpflichtung des Heimbewohners zur Sicherheitsleistung vorsehen, sind mit § 14 Abs. 4 Satz 1 WBVG vereinbar und benachteiligen den Pflegebedürftigen nicht unangemessen. Dies gilt
  153. auch gegenüber Verbrauchern, die berechtigt sind, Hilfe in Einrichtungen nach
  154. dem SGB XII in Anspruch zu nehmen, so dass dahinstehen kann, ob diese zum
  155. Kundenkreis der Beklagten gehören.
  156. 16
  157. 1.
  158. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass die Fälle der Kurz-
  159. zeitpflege (§ 42 SGB XI) von dem vorliegenden Vertragswerk von vornherein
  160. nicht erfasst werden. Nummer 6.1 des Pflegevertrags legt fest, dass das Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen wird (§ 4 WBVG) und - vorbehaltlich einer Kündigung durch den Verbraucher (§ 11 WBVG) oder den Unternehmer (§ 12 WBVG) - erst mit dem Tod des Bewohners endet. Demgegenüber setzt die - auf acht Wochen pro Kalenderjahr - beschränkte Kurzzeitpflege
  161. voraus, dass vollstationäre Pflegemaßnahmen für eine Übergangszeit im Anschluss an eine stationäre Behandlung des Pflegebedürftigen oder in sonstigen
  162. Krisensituationen, in denen vorübergehend häusliche oder teilstationäre Pflege
  163. nicht möglich oder nicht ausreichend ist, erbracht werden (§ 42 Abs. 1 Satz 2
  164. SGB XI).
  165. 17
  166. 2.
  167. Nach § 72 Abs. 1 SGB XI zugelassene Pflegeeinrichtungen im Sinne des
  168. § 91 Abs. 1 SGB XI, die auf eine Pflegesatzvereinbarung nach § 85 SGB XI
  169. verzichtet und sich für freie Entgeltvereinbarungen sowie das Kostenerstattungsverfahren nach § 91 Abs. 2 SGB XI entschieden haben, können mit Versicherten der Pflegeversicherung eine Sicherheitsleistung nach § 14 Abs. 1
  170. Satz 1 WBVG vereinbaren. In diesen Fällen greift das Verbot des § 14 Abs. 4
  171. Satz 1 WBVG nicht ein. Dafür sprechen der Wortlaut unter Berücksichtigung
  172. der Gesetzessystematik, die Entstehungsgeschichte sowie der Sinn und Zweck
  173. von § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 WBVG.
  174. - 9 -
  175. 18
  176. a) Steht der Pflegeeinrichtung im Sinne des § 91 Abs. 1 SGB XI, die
  177. - wie die Beklagte - auf eine Pflegesatzvereinbarung nach § 85 SGB XI verzichtet hat, kein direkter Zahlungsanspruch gegenüber Sozialleistungsträgern zu, ist
  178. § 14 Abs. 4 Satz 1 WBVG bereits nach seinem Wortlaut nicht anwendbar.
  179. 19
  180. aa) Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 WBVG wird der Pflegeeinrichtung (Unternehmer) grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt, Sicherheiten für die Erfüllung der Pflichten des pflegebedürftigen Heimbewohners (Verbraucher) aus
  181. dem Vertrag zu verlangen und dies entsprechend im Wohn- und Betreuungsvertrag zu vereinbaren. Die Sicherheit ist wie eine mietrechtliche Kaution zu
  182. verstehen (Dickmann/Kempchen, Heimrecht, 11. Aufl., § 14 WBVG Rn.1). Allerdings kann der Unternehmer nach § 14 Abs. 4 Satz 1 WBVG von Verbrauchern,
  183. die Leistungen nach §§ 42, 43 SGB XI (Kurzzeit- und Vollzeitpflege) in Anspruch nehmen oder denen Hilfe in Einrichtungen nach dem SGB XII gewährt
  184. wird (insbesondere gemäß §§ 61 ff SGB XII), keine Sicherheitsleistung verlangen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass in diesen Fällen dem Unternehmer
  185. ein unmittelbar zahlender öffentlicher Kostenträger zur Verfügung steht, so dass
  186. für eine Sicherheitsleistung des Heimbewohners kein Bedürfnis besteht
  187. (Bachem/Hacke, Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, § 14 WBVG Rn. 5;
  188. BeckOGK/Drasdo, § 14 WBVG Rn. 48 [Stand: 1. Januar 2018]; Dickmann/
  189. Kempchen aaO Rn. 7; Rasch, Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, § 14
  190. WBVG Rn.16; siehe auch die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur
  191. sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit, BT-Drucks. 12/5262,
  192. S. 169).
  193. 20
  194. bb) Damit knüpft § 14 Abs. 4 Satz 1 WBVG an das Sachleistungsprinzip
  195. an, wie es insbesondere in § 87a Abs. 3 Satz 1 SGB XI niedergelegt ist. Die
  196. Leistungen bei stationärer Pflege (§ 43 SGB XI) sind keine Geld-, sondern
  197. - 10 -
  198. Sachleistungen der Pflegeversicherung an den pflegebedürftigen Versicherten
  199. (O‘Sullivan in jurisPK-SGB XI, 2. Aufl., § 87a Rn. 49). Da der Leistungsträger
  200. (Pflegekasse) die fragliche Leistung nicht selbst erbringen kann, muss er diese
  201. dem Versicherten durch Dritte (Leistungserbringer) verschaffen. Diesen Anspruch erfüllen die Pflegekassen durch Versorgungsverträge nach § 72 Abs. 1
  202. SGB XI, mit denen sich im Bereich stationärer Pflege Heimträger - wie die Beklagte (siehe Nr. 1.2 und 3.6 des Pflegevertrags) - verpflichten, die pflegebedürftigen Versicherten aufzunehmen und zu betreuen (§ 72 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 SGB XI). Im Gegenzug entsteht ein direkter Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegen die Pflegekasse. Im Bereich der vollstationären Pflege
  203. gehört hierzu der in § 87a Abs. 3 Satz 1 geregelte Anspruch auf Zahlung der in
  204. § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB XI festgesetzten Beträge. Diese zahlt die Pflegekasse
  205. direkt an die Pflegeeinrichtung (O’Sullivan in jurisPK-SGB XI aaO Rn. 48, 50 ff).
  206. Art, Höhe und Laufzeit der Pflegesätze werden zwischen dem Träger des Pflegeheims und den Leistungsträgern nach § 85 SGB XI vereinbart (Pflegesatzvereinbarung).
  207. 21
  208. cc) Für die Hilfe zur Pflege nach § 61 ff SGB XII gilt im Ergebnis nichts
  209. anderes. Das gesetzliche Regelungskonzept, das dem Leistungserbringungsrecht des SGB XII zugrunde liegt, geht davon aus, dass der Sozialhilfeträger die
  210. ihm im Rahmen des sozialhilferechtlichen Leistungsdreiecks obliegende Leistung nicht als Geldleistung an den jeweiligen Hilfeempfänger erbringt, um diesem die Zahlung des vertraglichen Entgelts aus dem privatrechtlichen Vertrag
  211. über die Erbringung von Pflegeleistungen zu ermöglichen, sondern dass die
  212. Zahlung in Erfüllung der Sachleistungsverschaffungspflicht des Sozialhilfeträgers direkt an den Dienst erfolgt, der die Pflege leistet (siehe Senatsurteile vom
  213. 7. Mai 2015 - III ZR 304/14, NJW 2015, 3782 Rn. 20 ff und 31. März 2016
  214. - III ZR 267/15, BGHZ 209, 316 Rn. 15 ff zu den verschiedenen Rechtsbeziehungen im sozialhilferechtlichen Leistungsdreieck). Ein unmittelbarer Zahlungs-
  215. - 11 -
  216. anspruch der Pflegeeinrichtung gegenüber dem Sozialhilfeträger entsteht durch
  217. dessen Schuldbeitritt zur zivilrechtlichen Verpflichtung des Bewohners gegenüber der Einrichtung im Wege eines entsprechenden Kostenübernahmebescheids (Senatsurteile vom 7. Mai 2015 aaO Rn. 24 und vom 31. März 2016
  218. aaO Rn. 20 f). Gemäß § 75 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 SGB XII ist der Sozialhilfeträger in Bezug auf zugelassene Pflegeeinrichtungen an die für stationäre Einrichtungen maßgeblichen Pflegesatzvereinbarungen nach § 85 SGB XI grundsätzlich gebunden (Jaritz/Eicher, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 Rn. 150).
  219. 22
  220. dd) Nach alledem erfasst § 14 Abs. 4 Satz 1 WBVG, der allein auf den
  221. Bezug von vollstationären Leistungen nach §§ 42, 43 SGB XI oder die Gewährung von Hilfe in Einrichtungen nach dem SGB XII abstellt, bereits seinem Wortlaut nach unter Berücksichtigung des systematischen Zusammenhangs mit
  222. § 87a Abs. 3 Satz 1 SGB XI nur die Fälle der Sachleistungsverschaffung. Demgegenüber liegt den streitgegenständlichen Klauseln Nummer 4 und 4.1 nicht
  223. das Sachleistungsprinzip, sondern das Kostenerstattungsprinzip zugrunde.
  224. Denn nach den Nummern 1.2 und 3.1 des Pflegevertrags ist die Beklagte zwar
  225. durch einen Versorgungsvertrag gemäß §§ 72, 73 SGB XI zur Erbringung vollstationärer Pflegeleistungen zugelassen; sie hat jedoch auf eine vertragliche
  226. Regelung der Pflegevergütung mit öffentlichen Kostenträgern nach § 85 SGB XI
  227. verzichtet. In einem solchen Fall ermöglicht § 91 Abs. 1 SGB XI dem Träger der
  228. Pflegeeinrichtung trotz seiner Zulassung und Verpflichtung zur Erbringung von
  229. Pflegeleistungen (vgl. § 72 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 SGB XI), das Vergütungssystem des Buches XI Sozialgesetzbuch in Durchbrechung des Sachleistungsprinzips zu verlassen und den Preis für die zu erbringenden stationären Leistungen unmittelbar mit den pflegebedürftigen Kunden marktorientiert zu vereinbaren. Gemäß § 91 Abs. 2 SGB XI verlieren die in der sozialen Pflegeversicherung versicherten Pflegebedürftigen ihren Sachleistungsanspruch gegen ihre
  230. - 12 -
  231. Pflegekasse und werden auf einen bloßen Kostenerstattungsanspruch verwiesen, der zudem auf 80 % der sonst gewährten Leistungen beschränkt ist. Der
  232. Träger des Pflegeheims rechnet nur noch mit dem pflegebedürftigen Kunden
  233. ab. Dieser ist alleiniger Schuldner (Dickmann aaO § 91 Rn. 4; O’Sullivan in
  234. jurisPK-SGB XI aaO § 91 Rn. 27; KassKomm/Weber, § 91 SGB XI Rn. 5
  235. [95. EL, Juli 2017]). Um zu verhindern, dass "vertragslose" Pflegeeinrichtungen
  236. mit Pflegebedürftigen Preisvereinbarungen zu Lasten der Sozialhilfe abschließen, bestimmt § 91 Abs. 2 Satz 3 SGB XI als sozialhilferechtliche Norm, dass
  237. eine weitergehende Kostenerstattung durch einen Träger der Sozialhilfe unzulässig ist (Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur sozialen Absicherung
  238. des Risikos der Pflegebedürftigkeit, BT-Drucks. 12/5262, S. 150; BeckOK Sozialrecht/Wilcken, 47. Edition, § 91 SGB XI Rn. 2 [Stand: 1. September 2017];
  239. KassKomm/Weber aaO Rn. 8; O’Sullivan in jurisPK-SGB XI aaO Rn. 31).
  240. 23
  241. Da Pflegeeinrichtungen, die sich gemäß § 91 Abs. 1, 2 SGB XI gegen
  242. das Sachleistungsprinzip und für das Kostenerstattungsverfahren entschieden
  243. haben, somit keinen Direktanspruch gegen Sozialleistungsträger haben, der sie
  244. gegen eine Zahlungsunfähigkeit des Heimbewohners unmittelbar absichert,
  245. besteht ein Sicherungsbedürfnis, dem der Wortlaut des § 14 Abs. 4 Satz 1
  246. WBVG Rechnung trägt, indem er bei Wahl des Kostenerstattungsverfahrens die
  247. Vereinbarung einer Sicherheitsleistung nicht verbietet.
  248. 24
  249. b) Für dieses Ergebnis spricht auch die Entstehungsgeschichte des § 14
  250. WBVG.
  251. 25
  252. aa) Die Vorgängerregelung findet sich in § 14 HeimG (gültig bis zum
  253. 30. September 2009). Nach § 14 Abs. 2 Nr. 4 HeimG waren Sicherheitsleistungen für die Erfüllung der Bewohnerpflichten aus dem Heimvertrag vom Verbot
  254. des § 14 Abs. 1 HeimG ausgenommen, soweit § 14 Abs. 8 HeimG nicht wiede-
  255. - 13 -
  256. rum den Geltungsbereich des Absatzes 2 Nummer 4 einschränkte. Gemäß § 14
  257. Abs. 8 HeimG durfte sich der Heimträger keine Sicherheiten von Versicherten
  258. der Pflegeversicherung und Personen, die Hilfe in Einrichtungen nach dem
  259. SGB XII erhielten, versprechen oder gewähren lassen. Der Wortlaut der Norm
  260. wurde allgemein als zu weit angesehen. Danach erstreckte sich nämlich das
  261. Verbot von Sicherheitsleistungen auf fast alle Heimbewohner, da der größte
  262. Teil der Bevölkerung gemäß § 1 Abs. 2 SGB XI in der sozialen Pflegeversicherung und der verbleibende Rest zumeist in der privaten Pflegeversicherung versichert ist (Krahmer/Richter/Plantholz, Heimgesetz, 2. Aufl., § 14 Rn. 29). § 14
  263. Abs. 8 HeimG wurde deshalb nach seinem Sinn und Zweck einschränkend
  264. ausgelegt. Das Verbot, eine Sicherheitsleistung zu fordern, setze voraus, dass
  265. der Heimträger - jedenfalls in Bezug auf einen großen Teils des Entgelts - einen eigenen Zahlungsanspruch gegenüber Sozialleistungsträgern habe und
  266. deshalb nicht in diesem Umfang auf Sicherheiten angewiesen sei. Das sei dann
  267. nicht der Fall, wenn nur der Bewohner Anspruch auf Kostenerstattung habe,
  268. weil er zum Beispiel privatversichert sei oder die Pflegeeinrichtung ohne Pflegesatzvereinbarung nach § 85 SGB XI auf der Basis des § 91 Abs. 2 SGB XI
  269. arbeite (siehe nur Krahmer/Richter/Plantholz, Heimgesetz aaO; Rasch aaO
  270. Rn.17). Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass in der Begründung zum
  271. Entwurf des Pflege-Versicherungsgesetzes davon ausgegangen worden sei,
  272. dass bei Versicherten der Pflegeversicherung kein sachliches Bedürfnis für die
  273. Bereitstellung von Sicherheiten bestehe, wenn der Heimträger gegenüber der
  274. Pflegekasse Anspruch auf Vergütung seiner pflegerischen Leistungen habe
  275. (BT-Drucks. 12/5262, S. 169; Krahmer/Richter/Plantholz, Heimgesetz aaO).
  276. 26
  277. bb) Als das Heimrecht nach der am 1. September 2006 in Kraft getretenen Föderalismusreform durch das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz vom
  278. 29. Juli 2009 neu geregelt wurde, hat der Gesetzgeber die Vorschriften des
  279. - 14 -
  280. Heimgesetzes über Sicherheitsleistungen der Verbraucher für die Erfüllung der
  281. Vertragspflichten als "bewährt" eingestuft (Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes
  282. nach der Föderalismusreform, BT-Drucks. 16/12409, S. 11). Dementsprechend
  283. ist die in § 14 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 8 HeimG geregelte Möglichkeit für den Unternehmer, von dem Verbraucher Sicherheiten für die Erfüllung seiner Pflichten
  284. aus dem Vertrag zu verlangen, grundsätzlich übernommen worden. Der oben
  285. unter aa) dargestellten einschränkenden Auslegung des § 14 Abs. 8 HeimG
  286. wurde dadurch Rechnung getragen, dass § 14 Abs. 4 Satz 1 WBVG eine
  287. Sicherheitsleistung nur gegenüber Verbrauchern ausschließt, die bestimmte
  288. Leistungen nach dem SGB XI oder SGB XII in Anspruch nehmen (BT-Drucks.
  289. 16/12409, S. 13). Demgegenüber hatte § 14 Abs. 8 HeimG noch wörtlich auf
  290. "Versicherte der Pflegeversicherung" abgestellt. Durch die engere sprachliche
  291. Fassung des Ausschlusstatbestands hat der Gesetzgeber somit zum Ausdruck
  292. gebracht, dass Sicherheitsleistungen nur gegenüber solchen Heimbewohnern
  293. untersagt sind, die im Rahmen des sozialrechtlichen Leistungsdreiecks Pflegesachleistungen erhalten, weil in diesen Fällen ein direkter Zahlungsanspruch
  294. des Heimträgers gegenüber den Sozialleistungsträgern besteht (Bachem/Hacke
  295. aaO § 14 WBVG Rn. 6). Da - wie bereits ausgeführt - Bewohnern von Einrichtungen im Sinne des § 91 Abs. 1 SGB XI (ohne Pflegsatzvereinbarung nach
  296. § 85 SGB XI) in Abweichung vom Sachleistungsprinzip lediglich ein Kostenerstattungsanspruch nach § 91 Abs. 2 SGB XI gegenüber den Sozialleistungsträgern zusteht, verbleibt es in diesen Fällen beim Grundsatz des § 14 Abs. 1
  297. Satz 1, 2 WBVG, das heißt der Unternehmer kann von dem pflegebedürftigen
  298. Verbraucher eine Sicherheitsleistung in Höhe des doppelten Entgelts für einen
  299. Monat verlangen.
  300. - 15 -
  301. 27
  302. c) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend darauf abgestellt, dass der
  303. Sinn und Zweck der Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 WBVG
  304. dafür spricht, Sicherheitsleistungen des Verbrauchers nur in den Fällen zu verbieten, in denen der Unternehmer einen eigenen Direktanspruch gegen Sozialleistungsträger hat, der ihn gegen eine Zahlungsunfähigkeit des Heimbewohners unmittelbar absichert.
  305. 28
  306. aa) Zweck des § 14 WBVG ist der Ausgleich zwischen dem Sicherungsbedürfnis des Unternehmers und dem Schutzbedürfnis des Verbrauchers (Senatsurteil vom 21. Mai 2015 - III ZR 263/14, NJW 2015, 2573 Rn. 14). Durch die
  307. Zulassung und Regulierung von Sicherheitsleistungen in bestimmten Grenzen
  308. dient die Norm dem Interessenausgleich der Vertragsparteien (Rasch aaO § 14
  309. WBVG Rn. 2). Zwar soll der Verbraucher vor Nachteilen geschützt werden, die
  310. ihm aus der doppelten Abhängigkeit von einem Unternehmer und der Komplexität der miteinander verbundenen Leistungen für die Wahrung seiner Interessen
  311. drohen. Gleichzeitig müssen dem Unternehmer aber hinreichende Gestaltungsmöglichkeiten verbleiben, die seinem Sicherungsbedürfnis Rechnung tragen und die Entwicklung neuer und vielfältiger Angebote zulassen (Begründung
  312. zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften
  313. des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform, BT-Drucks. 16/12409,
  314. S. 10 f). Danach stellt es einen angemessenen Interessausgleich dar, dem Unternehmer das Verlangen einer Sicherheitsleistung lediglich in den Fällen zu
  315. untersagen, in denen ihm mit dem Träger der Pflegeversicherung oder der Sozialhilfe ein leistungsfähiger unmittelbar zahlender Schuldner zur Verfügung
  316. steht (BeckOGK/Drasdo, § 14 WBVG Rn. 48 [Stand: 1. Januar 2018]; Dickmann aaO § 14 WBVG Rn. 7). Eine Erstreckung des Verbots auch auf Pflegeeinrichtungen, die das Entgelt für ihre stationären Leistungen nach § 91 Abs. 1
  317. SGB XI unmittelbar mit den Pflegebedürftigen vereinbaren und sich für das
  318. Kostenerstattungsverfahren nach § 91 Abs. 2 SGB XI entschieden haben, wäre
  319. - 16 -
  320. nicht mehr interessengerecht, weil dem berechtigten Sicherungsbedürfnis des
  321. Unternehmers nicht Rechnung getragen würde.
  322. 29
  323. bb) Zudem wäre ein solches Verständnis des § 14 Abs. 4 Satz 1 WBVG
  324. kaum mit dem Normzweck des § 91 SGB XI vereinbar. Danach ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass Pflegeeinrichtungen auf eine Vergütungsvereinbarung nach § 85 SGB XI verzichten können, aber möglicherweise Pflegebedürftige gleichwohl von einer solchen Einrichtung betreut werden möchten.
  325. Dieses "Wahlrecht" der Pflegebedürftigen soll dadurch gesichert werden, dass
  326. sie nicht völlig von den Leistungen der Pflegeversicherung abgeschnitten werden mit der Folge, dass solche Einrichtungen in der Regel nicht gewählt würden. Dementsprechend wird den Heimbewohnern nach § 91 Abs. 2 SGB XI ein
  327. Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 80 % der ansonsten gewährten Leistungen zugestanden (O’Sullivan in jurisPK-SGB XI aaO § 91 Rn. 5). Hätte der
  328. Unternehmer keine Möglichkeit, von diesem Kundenkreis eine Sicherheitsleistung im Umfang von § 14 Abs. 1 Satz 2 WBVG zu verlangen, würde dies dazu
  329. führen, dass Pflegeverträge mit Selbstzahlern unangemessen erschwert würden, weil der Unternehmer das Risiko der Zahlungsunfähigkeit seines Vertragspartners ungeschmälert tragen müsste. In diesem Zusammenhang kann auch
  330. nicht geltend gemacht werden, dass Verbraucher, die mit Einrichtungen ohne
  331. Pflegesatzvereinbarung einen Pflegevertrag abschlössen, schlechter gestellt
  332. seien als Versicherte, die ein Vertragsverhältnis mit einem am Pflegsatzverfahren teilnehmenden Unternehmer eingingen. Mit § 91 SGB XI hat der Gesetzgeber gerade eine Möglichkeit schaffen wollen, das Kostenerstattungsverfahren
  333. anstelle des Sachleistungsprinzips zu wählen. Dabei werden die Interessen des
  334. Verbrauchers durch § 91 Abs. 2 SGB XI hinreichend berücksichtigt.
  335. - 17 -
  336. 30
  337. cc) Soweit die Revision die Zulässigkeit von Sicherheitsleistungen vom
  338. Gewicht der mietvertraglichen Komponente des Pflegevertrags abhängen machen und die Höhe der Sicherheitsleistung daran orientieren will, widerspricht
  339. dies nicht nur dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1, 2 WBVG, wonach der Unternehmer Sicherheiten für die Erfüllung der Pflichten des Verbrauchers aus dem Vertrag in Höhe des Doppelten des auf einen Monat entfallenden Entgelts verlangen kann, sondern auch dem Zweck des § 14 WBVG, einen
  340. angemessenen Interessenausgleich zwischen Unternehmer und Verbraucher
  341. zu ermöglichen.
  342. Herrmann
  343. Remmert
  344. Arend
  345. Vorinstanzen:
  346. LG Köln, Entscheidung vom 23.03.2016 - 26 O 407/15 OLG Köln, Entscheidung vom 16.12.2016 - 6 U 71/16 -
  347. Reiter
  348. Böttcher