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1 year ago
  1. BUNDESGERICHTSHOF
  2. BESCHLUSS
  3. AnwZ (B) 103/08
  4. vom
  5. 20. April 2009
  6. in dem Verfahren
  7. Nachschlagewerk:
  8. ja
  9. BGHZ:
  10. nein
  11. BGHR:
  12. ja
  13. BRAO § 204 Abs. 3 Satz 1
  14. Einwände gegen die Vollstreckung einer Geldbuße nach § 204 Abs. 3 Satz 1 BRAO
  15. sind je nach der Art des Einwands im Wege der Erinnerung an das Vollstreckungsgericht (§ 766 ZPO) oder der Vollstreckungsgegenklage an das Prozessgericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit (§ 767 ZPO) geltend zu machen.
  16. BGH, Beschluss vom 20. April 2009 - AnwZ (B) 103/08 - AGH München
  17. wegen Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung
  18. -2-
  19. Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Vorsitzenden
  20. Richter Dr. Ganter, den Richter Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterinnen
  21. Roggenbuck und Lohmann sowie die Rechtsanwälte Prof. Dr. Stüer, Dr. Martini
  22. und Prof. Dr. Quaas
  23. am 20. April 2009
  24. beschlossen:
  25. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss
  26. des 2. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 11. August 2008 wird als unzulässig verworfen.
  27. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu
  28. tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren
  29. entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
  30. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 €
  31. festgesetzt.
  32. Gründe:
  33. I.
  34. 1
  35. Der Antragsteller ist durch Urteil des
  36. vom 29. Juli 1999 (
  37. Anwaltsgerichtshofs
  38. ) zu einer Geldbuße von 5.000 M verur-
  39. teilt worden, welche die Antragsgegnerin vollstreckt. Im Rahmen dieser Voll-
  40. -3-
  41. streckung ist der Antragsteller von dem zuständigen Gerichtsvollzieher zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geladen worden. Dagegen wendet er
  42. sich mit einer Vollstreckungsgegenklage. Er macht geltend, die förmlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung lägen nicht vor. Außerdem rechnet er mit
  43. die Geldbuße übersteigenden Schadensersatzforderungen gegen die Antragsgegnerin auf.
  44. 2
  45. Die an den
  46. Anwaltsgerichtshof gerichtete Klage hat dieser
  47. an das Anwaltsgericht für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer
  48. ver-
  49. wiesen. Dieses hat die Klage als Antrag nach §§ 116 Satz 2 BRAO, 458 StPO
  50. gewertet und als unbegründet zurückgewiesen. Die Ladung zur Abgabe der
  51. eidesstattlichen Versicherung sei formell in Ordnung gewesen. Eine Aufrechnung gegen die Geldbuße der Natur der Sache nach ausgeschlossen, jedenfalls seien die Schadensersatzansprüche weder gerichtlich festgestellt noch
  52. anerkannt. Zumindest seien sie nicht substantiiert. Die sofortige Beschwerde
  53. des Antragstellers hat der Anwaltsgerichtshof aus den von dem Anwaltsgericht
  54. angeführten Gründen zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller
  55. mit der Beschwerde.
  56. II.
  57. 3
  58. Das Rechtsmittel ist unzulässig.
  59. 4
  60. 1. Die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs über eine Beschwerde im
  61. Verfahren nach § 116 Satz 2 BRAO in Verbindung mit §§ 458 Abs. 1, 462 Abs.
  62. 3 Satz 1 StPO ist nicht anfechtbar. Sie entspricht nämlich einer Entscheidung
  63. des Oberlandesgerichts, gegen die nach § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 StPO
  64. ein Rechtsmittel nicht gegeben ist (Senat, Beschl. v. 12. Februar 2001,
  65. AnwSt (B) 2/00, BRAK-Mitt. 2001, 139; Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Aufl.,
  66. § 116 Rdn. 67).
  67. -4-
  68. 5
  69. 2. An diesem Ergebnis ändert es nichts, dass die Anträge des Antragstellers nicht als Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung nach § 458 Abs. 1
  70. StPO hätten behandelt werden dürfen, sondern teilweise als Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO und teilweise als Vollstreckungsgegenklage nach §
  71. 767 ZPO behandelt werden müssen. Denn auch bei verfahrensmäßig richtiger
  72. Behandlung der Anträge wäre ein Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof nicht
  73. statthaft.
  74. 6
  75. a) Die Vollstreckung von Geldbußen im anwaltsgerichtlichen Verfahren
  76. erfolgt gemäß § 204 Abs. 3 Satz 1 BRAO nach den Vorschriften, die für die
  77. Vollstreckung von Urteilen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gelten. Mit dieser
  78. auf die ursprüngliche Fassung der Bundesrechtsanwaltsordnung zurückgehenden Regelung wollte der Gesetzgeber für die Vollstreckung von Geldbußen die
  79. gleiche Rechtslage herstellen wie für die Vollstreckung von Kammerbeiträgen
  80. nach dem heutigen § 84 Abs. 3 BRAO (= § 97 Abs. 3 BRAO-E) und des
  81. Zwangsgelds nach dem heutigen § 57 Abs. 4 BRAO (= § 69 Abs. 6 BRAO-E)
  82. (BT-Drucks. III/120 S. 119 f. zu § 219 BRAO-E). Danach kann sich der Rechtsanwalt gegen Verstöße gegen formelles Vollstreckungsrecht mit der Erinnerung
  83. nach § 766 ZPO an das Vollstreckungsgericht zur Wehr setzen. Gegen die
  84. Vollstreckung des Kammerbeitrags ist nach § 84 Abs. 3 BRAO die Vollstreckungsgegenklage zulässig, und zwar zu den ordentlichen Gerichten, die allerdings an die Kammerbeschlüsse gebunden sind (BGHZ 55, 255). Angesichts
  85. des Willens des Gesetzgebers, die gleiche Rechtslage zu schaffen, liegt es sowohl beim Zwangsgeld nach § 57 BRAO als auch bei der Geldbuße nach § 204
  86. BRAO genauso. Die Sache hätte deshalb nicht an das Anwaltsgericht, sondern
  87. an die ordentlichen Gerichte verwiesen werden müssen, und zwar hinsichtlich
  88. des Einwands gegen die Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
  89. an das Vollstreckungsgericht und im Übrigen an das Prozessgericht.
  90. -5-
  91. 7
  92. b) Eine Verweisung an diese Gerichte kommt gemäß § 17a Abs. 5 GVG
  93. nicht mehr in Betracht. Der Antragsteller darf dadurch aber nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung nicht schlechter gestellt werden, als er bei verfahrensmäßig richtigem Vorgehen stünde. Auch dann wäre allerdings ein Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof nicht gegeben.
  94. 8
  95. aa) Die Einwände des Antragstellers gegen die Ladung zur Abgabe der
  96. eidesstattlichen Versicherung, die als Vollstreckungserinnerung gemäß § 766
  97. ZPO zu behandeln gewesen wären, könnten zwar mit einer Rechtsbeschwerde
  98. zur Überprüfung durch den Bundesgerichtshof gestellt werden. Diese ist aber
  99. nach § 574 Abs. 1 ZPO nur statthaft, wenn das Beschwerdegericht sie zulässt.
  100. Der Anwaltsgerichtshof hat ein Rechtsmittel indessen nicht zugelassen. Die
  101. sachlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach
  102. § 574 Abs. 2 ZPO liegen auch nicht vor. Die Einwände des Antragstellers gegen die Ladung haben keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des
  103. Bundesgerichtshofs ist auch weder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts erforderlich.
  104. 9
  105. bb) Hinsichtlich der Aufrechnung wäre die Sache an das Prozessgericht
  106. abzugeben gewesen. Gegen das Berufungsurteil des Landgerichts wäre ein
  107. Rechtsmittel nur bei Zulassung durch das Berufungsgericht gegeben gewesen,
  108. weil der in § 26 Nr. 8 EGZPO bestimmte Beschwerdewert für die Nichtzulassungsbeschwerde von mehr als 20.000 € nicht erreicht ist. Die Gründe für die
  109. Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO entsprechen denen für
  110. die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Sie sind auch insoweit nicht ersichtlich.
  111. 10
  112. 3. Ein statthaftes Rechtsmittel wäre im Übrigen auch unbegründet. Die
  113. Voraussetzungen des § 807 ZPO für die Ladung zur eidesstattlichen Versicherung lagen vor. Eine Aufrechnung setzte, wie das Anwaltsgericht im Ergebnis
  114. -6-
  115. zutreffend erkannt hat, um den Zweck der Geldbuße nicht zu vereiteln, in
  116. Rechtsanalogie zu § 459 StPO in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 2 JBeitrO und
  117. § 226 Abs. 3 AO voraus, dass die zur Aufrechnung gestellte Forderung gerichtlich festgestellt oder anerkannt war. Daran fehlt es.
  118. III.
  119. 11
  120. Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen (BGHZ
  121. 44, 25).
  122. Ganter
  123. Schmidt-Räntsch
  124. Stüer
  125. Roggenbuck
  126. Martini
  127. Lohmann
  128. Quaas
  129. Vorinstanz:
  130. AGH München, Entscheidung vom 11.08.2008 - BayAGH III - 2/03 -